Der Walfafisch oder Das Überwasser von Christian Morgenstern

Das Wasser rinnt, das Wasser spinnt,
bis es die ganze Welt gewinnt.
Das Dorf ersäuft,
die Eule läuft,
und auf der Eiche sitzt ein Kind.
 
Dem Kind sind schon die Beinchen naß,
es ruft: das Wass, das Wass, das Wass!
Der Walfisch weint
und sagt, mir scheint,
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es regnet ohne Unterlaß.
 
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Das Wasser rann mit zasch und zisch,
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die Erde ward zum Wassertisch.
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Und Kind und Eul’,
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o greul, o greul –
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sie frissifraß der Walfafisch.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Der Walfafisch oder Das Überwasser“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
15
Anzahl Wörter
75
Entstehungsjahr
nach 1887
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Walfafisch oder Das Überwasser“ stammt von Christian Morgenstern, einem deutschen Dichter und Schriftsteller, der zwischen 1871 und 1914 lebte und wirkte. Es ist demnach der literarischen Epoche des Symbolismus zuzuordnen, einer Kunstrichtung, die sich von den Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts erstreckt.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht wie ein aufrüttelndes Kindergedicht mit einem gewissen Sinn für Ironie und schwarzem Humor. Der Autor benutzt einfache und verständliche Sprache, was den ersten Eindruck verstärkt, dass es sich um ein leichtes und harmloses Werk handelt, obwohl der Inhalt eigentlich ernst und düster ist.

Der Inhalt des Gedichts kreist um das dramatische Szenario einer Überschwemmung, wo das Wasser alles erfasst und letztlich sogar das Kind auf der Eiche und die flüchtende Eule vom Walfisch, der als Symbol des Wassers dient, verschluckt werden. Hierbei spielt das „lyrische Ich“ keine direkte Rolle, vielmehr scheint es als neutraler Beobachter des Geschehens auf, der dieses mit einer Mischung aus lakonischem Humor und tiefer Bedauern beschreibt.

Auf formaler Ebene besteht das Gedicht aus drei Strophen à fünf Verse. Die äußere Form ist also deutlich strukturiert und übersichtlich. Jede Strophe beschreibt einen spezifischen Moment des Geschehens: die ansteigende Überschwemmung, die Reaktionen der betroffenen Lebewesen und schließlich das tragische Ende. Die Sprache ist dabei sehr bildhaft und anschaulich, was durch die Verwendung von Onomatopoesie (z.B. „zasch und zisch“) noch verstärkt wird. Der Ton bleibt dabei die ganze Zeit über locker und heiter, was einen starken Kontrast zum düsteren Inhalt des Gedichts bildet.

Hinsichtlich der intendierten Aussage lässt sich mutmaßen, dass Morgenstern hier möglicherweise eine Kritik an der rücksichtslosen Ausbeutung der Natur durch den Menschen äußern möchte. Der Mensch wird in diesem Gedicht durch das Kind repräsentiert, das letztendlich Opfer seiner eigenen Hybris wird, indem es von der Natur - symbolisiert durch den Walfisch - verschluckt wird. Eine weitere Deutung könnte jedoch auch sein, dass das Gedicht die unberechenbare und zerstörerische Kraft der Natur hervorhebt. Je nach Interpretation variiert also die Aussage und Bedeutung des Gedichts.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Der Walfafisch oder Das Überwasser“ ist Christian Morgenstern. 1871 wurde Morgenstern in München geboren. Im Zeitraum zwischen 1887 und 1914 ist das Gedicht entstanden. Zürich ist der Erscheinungsort des Textes. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Morgenstern handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 75 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 15 Versen. Christian Morgenstern ist auch der Autor für Gedichte wie „Brief einer Klabauterfrau“, „Brüder!“ und „Bundeslied der Galgenbrüder“. Zum Autor des Gedichtes „Der Walfafisch oder Das Überwasser“ haben wir auf abi-pur.de weitere 189 Gedichte veröffentlicht.

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