Die beiden Strauße von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben

Zwei Strauße sind anjetzt vorhanden,
Zwei Strauße von verschiedner Art;
Ein Paar wie sich's in allen Landen
Noch niemals hat geoffenbart.
 
Man muß sie hören, muß sie lesen,
Und mancher wird davon entzückt,
Und mancher kann nicht mehr genesen,
Er wird halb närrisch und verrückt.
 
Und wenn der eine musicieret,
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Spatzieren wir ins Himmelshaus,
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Und wenn der andre disputieret,
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Jagt er Gott Vater selbst hinaus.
 
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Könnt' ich ein kleines Fürstlein werden
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Von Gottes Gnad' und Volkes Gold,
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So nähm' ich für die Volksbeschwerden
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Die beiden Strauß' in meinen Sold.
 
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Der eine wäre mein Minister
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Für's Budget und die Kabbala,
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Er lehrte dann die Herrn Philister,
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Wie sie einstimmig sprächen: Ja.
 
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Er sollte darthun in Sermonen
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Begreiflich für ein jedes Kind,
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Daß Volk und Constitutionen
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Nicht viel, gar nichts, nur Mythen sind.
 
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Den andern würd' ich nur verwenden,
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Wenn's Aufruhr gäb' und Mord und Brand,
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Er würde mit der Geig' in Händen
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Gleich bändigen das ganze Land.
 
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Trotzdem hab' ich in unsern Tagen
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Vor keinem Strauße Furcht und Graun:
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Die Zeit hat einen Straußenmagen,
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Wird auch den Doctor Strauß verdaun.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.2 KB)

Details zum Gedicht „Die beiden Strauße“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
179
Entstehungsjahr
1798 - 1874
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die beiden Strauße“ wurde von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben verfasst. Der Autor wurde am 2. April 1798 geboren und starb am 19. Januar 1874. Fallersleben gehört zu den bekanntesten Vertretern der deutschen Lyrik des 19. Jahrhunderts, was eine zeitliche Einordnung des Gedichts ermöglicht.

Auf den ersten Blick erweckt das Gedicht den Eindruck einer humorvoll-ironischen Schilderung zweier Straußen, die jeweils unterschiedliche Charakteristika und Fähigkeiten repräsentieren.

Im Inhaltlichen geht es um zwei Strauße, die trotz ihrer unterschiedlichen Art aufs Engste miteinander verbunden sind. Der erste Strauß entzückt und bringt die Menschen zum Lachen, während der andere sein Umfeld in Diskussionen verwickeln kann. Die beiden Strauße scheinen dabei als Metapher für zwei unterschiedliche Aspekte des Lebens zu stehen: Kunst und Diskurs. Der lyrische Sprecher wünscht sich, dass er beide Strauße als Gehilfen an seiner Seite haben könnte – den einen zur Unterhaltung und den anderen zur Beratung.

Außerdem wirft das Gedicht eine kritische Betrachtung auf das politische System, die Regierungsform und den Umgang mit dem Volk. Der lyrische Sprecher zeigt eine starke Abneigung gegenüber Ausbeutung und Täuschung des Volks und spricht sich für Ehrlichkeit und Transparenz aus.

Die acht Strophen des Gedichts bestehen jeweils aus vier Versen, was eine klare und übersichtliche Struktur schafft. Die Sprache des Gedichts ist klar und deutlich, ohne unnötigen Ausschmückungen oder komplizierten Metaphern. Dies unterstreicht die Ehrlichkeit und Direktheit der Aussagen des lyrischen Sprechers.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Die beiden Strauße“ ein gesellschaftskritisches Gedicht ist, das die Bedeutung von Kunst und Diskurs für das tägliche Leben und die politische Landschaft hervorhebt und zur Wachsamkeit gegenüber Politik und Machthabern aufruft. Es zeigt auf humorvolle Weise die Wichtigkeit von Transparenz und Ehrlichkeit im Umgang mit dem Volk auf und kritisiert die Regelung durch Täuschung und Ausbeutung.

Weitere Informationen

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben ist der Autor des Gedichtes „Die beiden Strauße“. 1798 wurde Hoffmann von Fallersleben in Fallersleben bei Wolfsburg geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1814 und 1874. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Junges Deutschland & Vormärz kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Hoffmann von Fallersleben handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 179 Worte. Der Dichter August Heinrich Hoffmann von Fallersleben ist auch der Autor für Gedichte wie „Das alte Jahr vergangen ist“, „Die wilden Gänse“ und „Jetzt hebt der Fasching an“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die beiden Strauße“ weitere 201 Gedichte vor.

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