Der Vorsatz von Wilhelm Friedrich Hermann Reinwald

Scheu nicht die Löwen um den Tron
Fortunens – Schwinge dich beherzt auf seine Stuffe,
Und harre nicht in stolzer Trägheit, Sohn,
Bis dich der Mund der Göttin rufe.
 
Was nüzt dir forschender Verstand
Der in den Weltlauf sieht und deine Pflicht erkennet,
Eroberst du nicht kühn die Felsenwand,
Die Wollen und Vollbringen trennet?
 
Du schwebst durch immer gleichen Raum
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Von deinem Ziel entfernt im Strudel der Gedanken,
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Dein schlaffes Herz träumt einen frommen Traum,
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Du schlummerst in der Tugend Schranken.
 
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Die Gottheit wendet ungerührt
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Ihr Ohr von dem, der müßig zu ihr schreiet,
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Und auf der Bahn des Elends sich verliert,
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Weil ihn ein kühner Schritt gereuet.
 
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Ihm folget das Verderben nach;
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Verachtung und der Spott gekrönter jüngrer Brüder:
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Er sieht, umringt von Dürftigkeit und Schmach,
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Mit Grauen in die Zukunft nieder.
 
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Ihn stürzet in die frühe Gruft
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Verzweiflung. Sterben tönt wie Donner seinen Ohren.
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Er ächzt, wenn ihn die lezte Stunde ruft:
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„O würd ich wieder neu gebohren!“
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „Der Vorsatz“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
159
Entstehungsjahr
1788
Epoche
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Wilhelm Friedrich Hermann Reinwald, der von 1737 bis 1815 lebte. Dies ermöglicht eine zeitliche Einordnung in die Epoche der Aufklärung und des Sturm und Drang.

Auf den ersten Blick vermittelt das Gedicht einen dramatischen Ton und thematisiert die Konsequenzen von Mutlosigkeit und Passivität in Anbetracht von Herausforderungen und Hürden. Die Formulierungen und Metaphern suggerieren eine Aufforderung zur aktiven Gestaltung des eigenen Lebens.

Inhaltlich verweist das lyrische Ich auf die Nachteile, die entstehen, wenn man sich vor Herausforderungen („Löwen“) scheut und auf die Gunst des Schicksals („Fortuna“) wartet, anstatt sich selbst aktiv einzubringen. Ebenso wird die Bedeutung des Tuns gegenüber dem bloßen Wissen und Wollen betont. Durch Passivität und Trägheit kann man leicht in Unglück und Schande verfallen. Der Text endet mit dem dramatischen Bild des Sterbens und der verzweifelten Reue.

In der Form entspricht das Gedicht einem klassischen sechsstrophigen Gedicht mit je vier Versen pro Strophe. Die Sprache ist pathetisch und metaphorisch. Es wird eine bildhafte, teils drastische Sprache verwendet, um die Dramatik der dargestellten Szenarien zu unterstreichen. Es werden Metaphern und Symbole wie „Löwen“, „Felsenwand“ oder „Verderben“ verwendet, um die Schwierigkeiten und Hindernisse auf dem Lebensweg zu verdeutlichen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass das Gedicht ein Plädoyer für aktives Handeln und Mut gegenüber den Herausforderungen des Lebens ist und die Konsequenzen von Passivität und Resignation drastisch darstellt. In seinem dramatischen und metaphorischen Charakter spiegelt das Gedicht die literarischen Tendenzen der Zeit des Sturm und Drang wider, in der Emotionen, individueller Ausdruck und Widerstand gegen überkommene Normen hervorgehoben wurden.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Der Vorsatz“ ist Wilhelm Friedrich Hermann Reinwald. Im Jahr 1737 wurde Reinwald in Wasungen geboren. 1788 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 159 Worte. Ein weiteres bekanntes Gedicht des Autors Wilhelm Friedrich Hermann Reinwald ist „Der Freund“. Zum Autor des Gedichtes „Der Vorsatz“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.

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