Der Unterschied von Johann Christoph Friedrich Haug

Nein, Liebe, nein! du kannsts nicht seyn!
Dich kenn ich! Freundschaft ists allein,
Was mich zu Daphnen zieht!
Bey ihr wird jezt mein Herz kaum warm,
Doch glüht’ es einst in Chloens Arm!
Es ist – ein Unterschied!
 
Wann Chloe mir entgegen gieng,
Wie klopfte zitternd mein Herz? Wie hieng
Der Himmel um mich her?
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Sie kam und gab mir ihre Hand,
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Ich sah ihr Aug auf mich gewandt,
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Und sah den Himmel nicht mehr!
 
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Wann Daphne mir in Garten winkt,
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So oft sie ihre Blumen tränkt,
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Eil ich wohl auch herbey!
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Doch klopft nur vom Gefühl der Lust
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Und nicht von Liebe meine Brust,
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Doch fühl ich nur den May.
 
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Wann ich an Chloens Busen lag,
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Wie riß im Flug die Sonne den Tag
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Ob unsren Häuptern fort!
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Der Stern des Morgens kam zurük
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Als Stern des Abends, da fand sein Blik
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Uns noch am nehmlichen Ort.
 
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Für Daphnen und die Fröhlichkeit
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Ist jezt mein Abend nur geweyht,
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Der uns zum Scherz vereint.
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Und komm ich jemals ungefragt
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So werd ich lachend fortgejagt,
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Bis meine Zeit erscheint.
 
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Wann Chloe bebend mich umfieng,
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Ihr Mund untrennbar an meinem hieng,
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Wann aufgelößt im Kuß
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Ganz ihre Seele sich ergoß,
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Ganz in die meine hinüber floß,
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Da hieng mein Leben am Kuß!
 
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Wann Daphne mich zuweilen küßt,
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So selten auch der Zufall ist,
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Brennt auch die Wange mir.
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Doch wann mein Herz zu sichtbar wallt,
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So kühlt ihr Scherz die Flamme bald,
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Und Wasser hilft dafür.
 
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Nein, Mädchen! Liebe kanns nicht seyn,
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Sie kenn’ ich! Freundschaft ists allein
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Was jezt zu dir mich zieht.
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Zwar machst du mir oft ziemlich warm.
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Doch glüht’ ich nur in Chloens Arm!
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Es ist – ein Unterschied!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.3 KB)

Details zum Gedicht „Der Unterschied“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
48
Anzahl Wörter
279
Entstehungsjahr
1782
Epoche
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts „Der Unterschied“ ist Johann Christoph Friedrich Haug, ein deutscher Schriftsteller des 18. und 19. Jahrhunderts. Mit diesem zeitlichen Rahmen ist das Gedicht in die Epoche der Aufklärung und beginnenden Romantik einzuordnen.

Auf den ersten Eindruck handelt das Gedicht vom Vergleich zweier Beziehungen, die das lyrische Ich zu zwei verschiedenen Frauen, nämlich Chloe und Daphne, unterhält.

Inhaltlich geht es in dem Gedicht darum, dass das lyrische Ich die Gefühle, die es für die beiden Frauen empfindet, gegenüberstellt und analysiert. Die Freundschaft zu Daphne wird als eine Art gemäßigte Zuneigung beschrieben, die zwar freudvoll ist, jedoch nicht die Intensität der Gefühle erreicht, die das lyrische Ich für Chloe empfindet. Bei der Beschreibung dieser Beziehung wird eine leidenschaftliche, hemmungslose Liebe dargestellt, die das lyrische Ich stärker erfasst und bewegt als die Beziehung zu Daphne.

In Bezug auf die Form zeigt das achtsilbige Gedicht eine Gedichtsform mit jeweils sechs Versen pro Strophe. Die Verse sind in Paarreimen verfasst. Das Gedicht endet jeweils mit der Zeile „Es ist – ein Unterschied!“, welche eine Wiederholung darstellt und somit als ein Refrain fungiert, was die Struktur des Gedichts noch verstärkt.

Sprachlich sticht ins Auge, dass das lyrische Ich sehr leidenschaftliche und bildreiche Sprache verwendet, besonders beim Beschreiben der Gefühle für Chloe. Gleichzeitig wird eine deutliche Differenzierung zwischen den beiden Beziehungen durch wiederholte Vergleiche und Gegenüberstellungen erzeugt.

Insgesamt lässt sich sagen, dass Haug in „Der Unterschied“ die Unterschiede zwischen zwei Arten der Zuneigung - Liebe und Freundschaft - aufzeigt und hierbei eine klare Präferenz für die intensivere, leidenschaftlichere Beziehung zur Liebenden gegenüber der freundschaftlichen Beziehung zum Ausdruck bringt. Die Wiederholung des Refrains unterstreicht den zentralen Konflikt und das zentrale Thema des Gedichts.

Weitere Informationen

Johann Christoph Friedrich Haug ist der Autor des Gedichtes „Der Unterschied“. Geboren wurde Haug im Jahr 1761 in Niederstotzingen. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1782 zurück. Der Erscheinungsort ist Stuttgart. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit oder Sturm & Drang zu. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das Gedicht besteht aus 48 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 279 Worte. Weitere Werke des Dichters Johann Christoph Friedrich Haug sind „Doktor Pandolff“, „Edgar an Psyche“ und „Frömmlinge“. Zum Autor des Gedichtes „Der Unterschied“ haben wir auf abi-pur.de weitere 10 Gedichte veröffentlicht.

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