Deutscher Nationalreichthum von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben

Hallelujah! Hallelulah!
Wir wandern nach Amerika.
Was nehmen wir mit ins neue Vaterland?
Wohl allerlei, wohl allerhand:
Viele Bundestages-Protokolle,
Manch Budget und manche Steuerrolle,
Eine ganze Ladung von Schablonen
Zu Regierungsproclamationen
Weil es in der neuen Welt
10 
Sonst dem Deutschen nicht gefällt.
 
11 
Hallelujah! Hallelujah!
12 
Wir wandern nach Amerika.
13 
Was nehmen wir mit ins neue Vaterland?
14 
Wohl allerlei, wohl allerhand:
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Corporal- und andre schöne Stöcke,
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Hunderttausend Schock Bedientenröcke,
17 
Nationalcocarden, bunte Kappen,
18 
Zehnmalhunderttausend Knöpfe mit Wappen
19 
Weil es in der neuen Welt
20 
Sonst dem Deutschen nicht gefällt.
 
21 
Hallelujah! Hallelujah!
22 
Wir wandern nach Amerika.
23 
Was nehmen wir mit ins neue Vaterland?
24 
Wohl allerlei, wohl allerhand:
25 
Kammerherrenschlüssel viele Säckel,
26 
Stamm- und Vollblutbäume dicke Päckel,
27 
Hund- und Degenkoppeln tausend Lasten,
28 
Ordensbänder hunderttausend Kasten
29 
Weil es in der neuen Welt
30 
Sonst dem Deutschen nicht gefällt.
 
31 
Hallelujah! Hallelujah!
32 
Wir wandern nach Amerika.
33 
Was nehmen wir mit ins neue Vaterland?
34 
Wohl allerlei, wohl allerhand!
35 
Schlendrian, Bocksbeutel und Perrücken,
36 
Privilegien, Sorgenstühl' und Krücken,
37 
Hofrathstitel und Conduitenlisten
38 
Neunundneunzighunderttausend Kisten
39 
Weil es in der neuen Welt
40 
Sonst dem Deutschen nicht gefällt.
 
41 
Hallelujah! Hallelujah!
42 
Wir wandern nach Amerika.
43 
Was nehmen wir mit ins neue Vaterland?
44 
Wohl allerlei, wohl allerhand:
45 
Steuer-, Zoll-, Tauf-, Trau- und Todtenscheine,
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Päss' und Wanderbücher groß' und kleine,
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Viele hundert Censorinstructionen,
48 
Polizeimandate drei Millionen
49 
Weil es in der neuen Welt
50 
Sonst dem Deutschen nicht gefällt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.9 KB)

Details zum Gedicht „Deutscher Nationalreichthum“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
50
Anzahl Wörter
216
Entstehungsjahr
1798 - 1874
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Deutscher Nationalreichthum“ wurde verfasst von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, der von 1798 bis 1874 lebte. Deshalb lässt sich diese Dichtung zeitlich in die Epoche des Vormärz im 19. Jahrhundert einordnen.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht als sarkastische und humorvolle Satire auf die deutsche Gesellschaft und Politik jener Zeit. Es thematisiert die Auswanderung nach Amerika, doch insbesondere die zahlreichen Dinge, die Deutsche laut Hoffmann von Fallersleben mitnehmen würden.

Der Inhalt des Gedichts bezieht sich auf die Mitnahme verschiedener Objekte ins Ausland, die alle symbolisch für bestimmte Aspekte der damaligen deutschen Gesellschaft stehen. Diese repräsentieren unter anderem die Bürokratie (Bundestages-Protokolle, Steuerrollen), die Militärkultur (Corporal- und andere Stöcke, Nationalcocarden, Knöpfe mit Wappen), den Adel (Kammerherrenschlüssel, Ordensbänder), das Obrigkeitsdenken (Hofrathstitel, Conduitenlisten) und die Zensur (Censorinstructionen, Polizeimandate). Jede Strophe endet dabei mit dem ironischen Kommentar, dass es dem Deutschen in der neuen Welt ohne all diese Dinge nicht gefallen würde.

Das lyrische Ich des Gedichts kritisiert auf humorvolle Weise die bureaucratiche und obrigkeitshörige Mentalität des damaligen Deutschlands. Es stellt die Frage, welche Elemente der deutschen Kultur eigentlich so wertvoll sind, dass sie in ein neues Land mitgenommen werden sollten. Die Aufzählung wirkt absurd und unterstreicht die Überflüssigkeit dieser Gegenstände und Praktiken.

Das Gedicht besteht aus fünf gleich aufgebauten Strophen und wiederkehrenden Versen. Diese Wiederholungen verleihen dem Text eine singende, fast fröhliche Dynamik, was eine zusätzliche Ebene der Ironie und des Spotts hinzufügt. Die Sprache ist recht einfach, doch die vielen spezifischen Beispiele und Anspielungen erfordern ein gewisses Wissen über die damalige Zeit, um die volle Bedeutung zu erfassen. Die Aufzählung unterschiedlichster Dinge wirkt übertrieben und entlarvend. Dabei helfen rhetorische Fragen und der sarkastische Ton dem Leser, die sozialkritische Botschaft des Autors zu verstehen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Deutscher Nationalreichthum“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers August Heinrich Hoffmann von Fallersleben. Im Jahr 1798 wurde Hoffmann von Fallersleben in Fallersleben bei Wolfsburg geboren. Im Zeitraum zwischen 1814 und 1874 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Bei Hoffmann von Fallersleben handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 216 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 50 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Der Dichter August Heinrich Hoffmann von Fallersleben ist auch der Autor für Gedichte wie „Leicht in den Herzen“, „Mein Vaterland“ und „Munter getanzt! fröhlich gezecht!“. Zum Autor des Gedichtes „Deutscher Nationalreichthum“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 201 Gedichte vor.

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