Der Traum von Christian Felix Weiße
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Hier wars, hier lag ich, auf der Stelle, |
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In diesem veilchenvollen Gras; |
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An diesem Baum, bey dieser Quelle, |
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Da träumte mir vom jungen Licidas! |
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Der Büsche kleine Sänger fühlten |
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Den Lenz, und sangen Lieb und Lust! |
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Ich lag, die freyen Zephyr spielten |
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Muthwillig mir um die halb offne Brust. |
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Da kam er, o mit welchen Blicken! |
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Beredter, als das, was er sprach: |
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Der Liebe Sehnsucht auszudrücken, |
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Versucht er oft, und stammelte nur Ach! |
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Ich seufzt ihm nach: wir seufzten beyde |
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Uns endlich unsern stillen Schmerz; |
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Und ich gestand ihm, welche Freude! |
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Voll Zärtlichkeit, ihm, wie er mir, sein Herz. |
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Frey küßt er mich, und welches Glücke! |
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Ich ward nicht einmal roth dabey. |
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Ich gab ihm jeden Kuß zurücke; |
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Ich, ich? und ward nicht einmal roth dabey! |
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Hier schlummr’ ich ietzt von neuem wieder, |
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O Traumgott! komm mit leisen Schritt, |
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Und zeige mir den Schäfer wieder! – – |
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Hast du noch mehr der Freuden, bring sie mit! |
Details zum Gedicht „Der Traum“
Christian Felix Weiße
6
24
154
1758
Aufklärung
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Der Traum“ wurde von Christian Felix Weiße verfasst, der von 1726 bis 1804 lebte. Somit kann das Gedicht dem Zeitalter der Aufklärung (Ende des 17. bis Anfang des 19. Jahrhunderts) zugeordnet werden.
Beim ersten Lesen des Gedichts entsteht der Eindruck einer lyrischen, romantischen Szenerie, die sich in einem idyllischen Naturambiente abspielt. Weiße nutzt die Stimmung der Natur und der Assoziationen von Frühling und Jugend, um eine Atmosphäre der Liebe und Sehnsucht zu kreieren.
Inhaltlich betrachtet schildert das lyrische Ich eine traumhafte Szene, in der es sich an eine Begegnung mit einem Geliebten mit dem Namen Licidas erinnert. In der nostalgischen Wiedergabe dieses Traums beschreibt das lyrische Ich die intensiven emotionalen Erfahrungen dieser romantischen Begegnung, welche sich durch erwiderte Zuneigung und fehlende Scham auszeichnete.
Die Aussage des lyrischen Ichs offenbart eine tiefe Sehnsucht und ein starkes Verlangen, diese Traumerfahrung zu wiederholen. Es wird der Wunsch geäußert, den „Schäfer“ (vermutlich die männliche Liebesfigur des Gedichts) erneut in einem Traum zu erleben.
Die Sprache und die Form des Gedichts sind geprägt durch elegante und zum Teil veraltete Ausdrücke, wie z.B. „bey“, „frey“, „zurücke“, die den historischen Rahmen des Gedichts unterstreichen. Es besteht aus sechs Strophen zu je vier Versen, was eine klare Struktur und ein rhythmisches Lesen ermöglicht. Die Wortwahl ist reich an Natur- und Frühlingsmotiven, die die romantische und zugleich befreiende Atmosphäre des Traums hervorheben. Die häufige Verwendung von rhetorischen Fragen und Ausrufen unterstreichen die emotional geladene Stimmung und Schmerz über die Vergänglichkeit des traumhaften Augenblicks.
Zusammenfassend ist Weißes Gedicht „Der Traum“ eine lyrische Reflexion über das intensive Erleben einer romantischen Liebe in einem Traum und die daraus resultierende Sehnsucht. Die Sprache und Form des Gedichts spiegeln sowohl den historischen Kontext der Aufklärung als auch die romantischen und emotional-reichen Inhalte des Gedichts wider.
Weitere Informationen
Christian Felix Weiße ist der Autor des Gedichtes „Der Traum“. 1726 wurde Weiße in Annaberg geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1758. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Aufklärung kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Weiße handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 154 Worte. Weitere Werke des Dichters Christian Felix Weiße sind „An Amor“, „An den Amor“ und „An die Muse“. Zum Autor des Gedichtes „Der Traum“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 100 Gedichte vor.
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