Der Tod der Geliebten von Rainer Maria Rilke

Er wußte nur vom Tod, was alle wissen:
daß er uns nimmt und in das Stumme stößt.
Als aber sie, nicht von ihm fortgerissen,
nein, leis aus seinen Augen ausgelöst,
 
hinüberglitt zu unbekannten Schatten,
und als er fühlte, daß sie drüben nun
wie einen Mond ihr Mädchenlächeln hatten
und ihre Weise wohlzutun:
 
da wurden ihm die Toten so bekannt,
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als wäre er durch sie mit einem jeden
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ganz nah verwandt; er ließ die andern reden
 
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und glaubte nicht und nannte jenes Land
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das gutgelegene, das immersüße —.
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Und tastete es ab für ihre Füße.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Der Tod der Geliebten“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
93
Entstehungsjahr
1907
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht trägt den Titel „Der Tod der Geliebten“ und wurde von Rainer Maria Rilke verfasst, der von 1875 bis 1926 lebte. Historisch lässt es sich somit dem Symbolismus und der literarischen Moderne zuordnen.

Der erste Eindruck des Gedichts ist melancholisch und traurig, passend zum Titel und zum ernsten Thema des Todes. Das lyrische Ich thematisiert den Tod einer nahestehenden Person, vermutlich einer geliebten Frau, und die daraus resultierenden emotionalen Erfahrungen und Veränderungen.

Inhaltlich behandelt das Gedicht, wie das lyrische Ich zunächst nur eine allgemeine Vorstellung vom Tod hat (Vers 1-2), die sich jedoch durch den Verlust der geliebten Person drastisch verändert. Dieser Verlust wird nicht als brutale Trennung dargestellt, sondern als sanftes Loslösen und Hinübergleiten in einen anderen Zustand (Vers 3-8). Als Folge dieser Erfahrung scheinen die Toten dem lyrischen Ich näher und vertrauter, es isoliert sich von den Lebenden (Vers 9-11), zweifelt an gängigen Vorstellungen vom Tod und projiziert auf das Jenseits positive Attribute und eine actiove Fürsorge für die Verstorbene (Vers 12-14).

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen zu wechselnd vier und drei Versen. Sprachlich fällt die bildreiche, metaphorische Sprache auf, beispielsweise wenn Rilke den Tod als „das Stumme“ bezeichnet oder die tote Geliebte mit einem „Mond“ vergleicht. Der Wechsel vom distanzierten zum persönlichen Zugang zum Tod spiegelt sich auch in der Sprache wider: Beginnt das Gedicht noch mit abstraktem „Wissen“ und einem unpersönlichen „er“, so geht es dann über zu konkreten sinnlichen Wahrnehmungen und persönlichen Reflexionen.

Insgesamt zeichnet Rilke ein differenziertes, persönliches Bild vom Tod, das nicht nur Verlust und Abschied, sondern auch Nähe und Verbundenheit thematisiert. Dabei wird der Tod nicht als endgültige Trennung begriffen, sondern als Übergang in einen anderen Zustand, der es dem lyrischen Ich erlaubt, in einer gewissen Weise weiterhin für die Verstorbene zu sorgen und sie in seiner Erinnerung und Vorstellung lebendig zu halten.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Der Tod der Geliebten“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Rainer Maria Rilke. Geboren wurde Rilke im Jahr 1875 in Prag. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1907. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Rilke ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 93 Worte. Rainer Maria Rilke ist auch der Autor für Gedichte wie „Abend“, „Abend in Skaane“ und „Absaloms Abfall“. Zum Autor des Gedichtes „Der Tod der Geliebten“ haben wir auf abi-pur.de weitere 338 Gedichte veröffentlicht.

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