Der Tempel der Freundschaft von Friederike Brun

An C. V. von Bonstetten. (Genf, im April 1791.)

Senke dich sanfter herab im Thaue der lächelnden Frühe,
Lieblich vom duftendem Hauch knospender Blüten umwallt,
Froher Erinnerung Bild! Süß labend wie Honig der Wiese,
Hell, wie der Lerche Gesang fern aus dem Aether mir tönt!
Freundschaft singe dein Lied, und mahle mit rosigem Schimmer
Hlyna’s Tempel mir vor, über den Wogen erhöht!
Sieh’ den Rücken des Jura! Dort trägt er auf furchtbarer Höhe
Wandelndes Wolkengebirg, schimmernd im sonnigen Strahl!
Sieh’ um des Mächtigen Fuß, wie Heerden, Städte gelagert,
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Und manch friedliches Dorf, winkend im Obsthain versteckt.
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Tönend hebet der See am Kieselufer des Vorlands
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Höher die Wogen, und wallt still in die grünende Bucht;
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Fernher tanzen die Wellen von Thonons Felsengestade,
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Tragen des Himmels Gebild treulich im spiegelnden Schoos;
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Größe mit Anmuth vereint und Ruhe der göttlichen Freiheit
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Schmückten dies himmlische Thal segnend mit Fülle der Frucht,
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Aber ihr winket umsonst mir, blütenumduftete Thäler!
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Eilend erklimmet mein Fuß frölich die hallende Burg;
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Milder wie Thal und Gebirg im bräutlichen Schmucke des Lenzens,
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Lächelt Freundschaft im Blick liebender Gatten mir dort!
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Sanfter ruft, wie die Nachtigall lockt, am Ufer des Baches
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Mich die Stimme des Freunds: „Eil’, o Freundinn! uns zu„.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.1 KB)

Details zum Gedicht „Der Tempel der Freundschaft“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
22
Anzahl Wörter
192
Entstehungsjahr
1791
Epoche
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Tempel der Freundschaft“ stammt von der Dichterin Friederike Brun (* 3. Juni 1765, † 25. März 1835), einer bedeutenden Vertreterin der dänischen und deutschen Romantik.

Auf den ersten Blick fällt die bildhafte und romantische Sprache auf, die voller Naturmetaphern steckt und eine warme, freundliche Atmosphäre schafft.

Inhaltlich beschreibt das lyrische Ich eine Szenerie, in der inmitten von Natur, der „Tempel der Freundschaft“ aufgebaut wird. Die poetischen Beschreibungen von Garten, Bergen und See erzeugen eine Idylle, die dem Ort der Freundschaft einen passenden Rahmen gibt. Eingebettet in diese friedliche Landschaft scheint die Freundschaft noch schöner und wertvoller zu sein. Das lyrische Ich sehnt sich dabei klar nach der Nähe und dem Zusammensein mit Freunden.

Formal hat das Gedicht 22 Verse, die in einer einzigen Strophe zusammengefasst sind. Das Gedicht zeichnet sich durch eine klare, rhythmische und melodische Sprache aus, die den romantischen Charakter des Gedichts hervorhebt. Die oftmals einreimigen Verse und die häufigen Verwendung von Enjambements verleihen dem Gedicht einen fließenden Charakter und verstärken die melancholische, sehnsuchtsvolle Stimmung.

In Bezug auf die Sprache ist auffällig, dass die Dichterin eine äußerst bildreiche, blumige und emotionale Sprache nutzt, die typisch für die romantische Epoche ist. Sie vergleicht die Freundschaft mit verschiedenen Elementen der Natur: Sie ist unter anderem so süß wie Honig, so hell wie der Gesang der Lerche und so lieblich wie der Duft blühender Blumen. Die Personifizierung der Freundschaft und die Verwendung von Metaphern und Vergleichen verleihen dem Gedicht eine besondere poetische Qualität und Tiefe.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Der Tempel der Freundschaft“ ein typisches romantisches Gedicht ist, das die Schönheit und Bedeutung der Freundschaft mit vielen Naturmetaphern und in einer äußerst blumigen und emotionalen Sprache feiert. Es ist ein Loblied auf die Freundschaft und auf das Zusammensein mit Freunden, das die Dichterin voller Sehnsucht und Leidenschaft vorträgt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Der Tempel der Freundschaft“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Friederike Brun. Brun wurde im Jahr 1765 in Gräfentonna geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1791 entstanden. Der Erscheinungsort ist Zürich. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her der Epoche Klassik zuordnen. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das vorliegende Gedicht umfasst 192 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 22 Versen. Friederike Brun ist auch die Autorin für das Gedicht „An meine Freundinn Charlotte, Gräfin von Dernath, geborne Bernstorf“, „An meinen Brun“ und „An meinen Mann auf der Reise“. Zur Autorin des Gedichtes „Der Tempel der Freundschaft“ haben wir auf abi-pur.de weitere 58 Gedichte veröffentlicht.

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