Am Sarge eines jungen Mädchens von Wilhelm Hertz

Myrtenlaub im goldnen Haare,
Unter Lilien kühl und mild,
Liegst du lächelnd auf der Bahre,
Stummes, engelkeusches Bild!
 
Nie hat eines Jünglings Kosen
Diesen zarten Mund berührt;
Selbst der Tod hat seine Rosen
Nur in scheuem Kuß entführt.
 
Ach, dein Leben floß in Frieden,
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Ohne Leid und ohne Haß;
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Leis' bist du hinweggeschieden,
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Wenig Augen werden naß.
 
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Und wie dieser Glocke Schwingen,
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Das zum frühen Grab dich ruft,
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Wird dein Name bald verklingen
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Spurlos in des Himmels Luft.
 
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Deines reinen Leibes Bette
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Zeichnet kein Gedächtnisstein;
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Gras umwallt die öde Stätte,
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Und die Winde säuseln drein.
 
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Ach, das Holde, fern dem Ruhme,
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Stirbt wie Frühlingsmorgenrot,
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Und des Lebens zartste Blume
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Blühet stille in den Tod.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Am Sarge eines jungen Mädchens“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
114
Entstehungsjahr
1835 - 1902
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Am Sarge eines jungen Mädchens“ stammt von Wilhelm Hertz, einem deutschen Schriftsteller des Realismus, der von 1835 bis 1902 lebte.

Auf den ersten Blick scheint das Gedicht hochemotional und traurig zu sein, da es den Tod eines jungen Mädchens thematisiert.

Der Inhalt des Gedichts beschreibt die Beerdigung eines jungen Mädchens mit „goldnem Haar“, das „lächelnd auf der Bahre“ liegt. Sie wird als unschuldig und rein dargestellt, und ihr Tod wird als friedlich beschrieben. Nicht viele Tränen sind für sie vergossen worden, was darauf hindeutet, dass sie vielleicht nicht viele nahe Leute hinterlässt. Ihr Name und ihre Existenz werden bald in Vergessenheit geraten, ihr Grab wird nicht markiert sein und nur von Gras bedeckt. Das Mädchen, das im Gedicht als eine der „zartesten Blume des Lebens“ beschrieben wird, ist „stille in den Tod“ geblüht, fern vom Ruhm und der Anerkennung der Welt.

Das lyrische Ich drückt durch dieses Gedicht Trauer, Wehmut und vielleicht auch Erschütterung über die Vergänglichkeit des Lebens aus und betont die Vergänglichkeit und Unbeständigkeit der menschlichen Existenz.

Formal besteht das Gedicht aus sechs gleich gebauten Vierzeilern mit einem regelmäßigen alternierenden Reimschema (Kreuzreim ABAB). Der Dichter verwendet Schönheits- und Reinheitssymbole wie Myrten, Lilien oder Rosen, um das junge Mädchen zu charakterisieren. Der einfache und verständliche Sprachgebrauch steht im starken Kontrast zur Schwere des Themas.

Die Sprache des Gedichts ist klar und präzise, mit einer gewissen Kühle und Distanz, die dem traurigen Thema angemessen sind. Durch die Verwendung von Naturmetaphern wie „die zarteste Blume des Lebens“ wird die Zartheit und Unschuld des verstorbenen Mädchens hervorgehoben, während die Beschreibung ihres Todes als „in den Tod blühen“ das Unvermeidliche und Natürliche des Todes betont.

Insgesamt handelt es sich um ein tief berührendes Gedicht, das die Vergänglichkeit und Flüchtigkeit des Lebens, aber gleichzeitig auch die Unschuld und Schönheit der Jugend ehrt und betrauert.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Am Sarge eines jungen Mädchens“ des Autors Wilhelm Hertz. Der Autor Wilhelm Hertz wurde 1835 in Stuttgart geboren. Zwischen den Jahren 1851 und 1902 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 114 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Die Gedichte „Der welke Kranz“, „Am Grabe meiner Mutter“ und „Geist der Jugend“ sind weitere Werke des Autors Wilhelm Hertz. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Am Sarge eines jungen Mädchens“ weitere 11 Gedichte vor.

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