Der Sohn des Volkes von Louise Otto-Peters

„Im stillen Dorfe war’s, wo ich geboren,
Wo unter’m Strohdach meine Wiege stand;
Drum hab’ ich Treu dem biedern Volk geschworen,
Bei dem mir meine Jugendzeit entschwand.
Die Pflugschaar, hinter der mein Vater ging,
Des armen Herdes kümmerliche Flamme,
Sie sind das Schönste, was ich früh empfing:
Es ist mein Stolz, daß ich vom Volke stamme!
 
Die Pflugschaar lernt’ ich als ein Heil’ges ehren
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Und ehren jede Hand, die sie geführt;
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Sie ist das Werkzeug, Tausende zu nähren,
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Wenn sie die Felder segensvoll berührt.
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Die Arbeit ist es, der mein Preis erklingt,
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Und drum den Müßigang ich laut verdamme,
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Ein Jauchzen meinem Herzen sich entringt:
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Es ist mein Stolz, daß ich vom Volke stamme!
 
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Es ist mein Stolz, als Bruder Dich zu nennen,
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Der Du das Feld behütet und bebaut;
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Im finstern Sturm und bei der Sonne Brennen
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Hab’ ich mit Ehrfurcht zu Dir aufgeschaut,
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Und wärst Du blieben nur ein armer Knecht,
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Ich weihe doch Dir meiner Liebe Flamme;
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Nur wer nichts thut, ist für mein Herz zu schlecht
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Es ist mein Stolz, daß ich vom Volke stamme!
 
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Im Volke, das da schafft mit kräft’gen Händen,
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Wohnt auch die Kraft, der Jetztzeit ganzes Leid
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Zu Freud’ und Freiheit siegend einst zu wenden;
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Drum ruf’ ich’s meinen Brüdern: seid bereit!
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Den Bruder, der das Bruderwort verstand,
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Den faßt allmächtig der Begeistrung Flamme;
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Mich knüpft an Euch ein unzertrennlich Band:
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Es ist mein Stolz, daß ich vom Volke stamme!“
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.5 KB)

Details zum Gedicht „Der Sohn des Volkes“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
243
Entstehungsjahr
1850-1860
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Sohn des Volkes“ wurde von Louise Otto-Peters geschrieben, einer deutschen Schriftstellerin und Frauenrechtlerin des 19. Jahrhunderts. Ihr Werk lässt sich in die Zeit des Vormärz und der bürgerlichen Revolution 1848 einordnen.

Beim ersten Eindruck fällt die intensive Liebe und Verbundenheit des lyrischen Ichs zu seinen Wurzeln und der Arbeiterklasse auf. Es ist stolz darauf, aus diesem Milieu zu stammen und bekennt sich stark zu den Werten der Arbeitswelt und des gemeinsamen Schaffens.

Inhaltlich offenbart das Gedicht das Bewusstsein des lyrischen Ichs über seine eigene Herkunft. Es stammt aus einem einfachen Dorf, wo es seine Kindheit unter einfachen Bedingungen verbracht hat und den Wert von harter Arbeit kennengelernt hat. Den Beruf des Bauern, den sein Vater ausgeübt hat, sieht es hoch an und ist stolz darauf, aus diesem Volk zu stammen. Das lyrische Ich betont seine Anerkennung für die Arbeit und verurteilt die Muße. Es fühlt sich als Bruder der Arbeiterklasse und ist davon überzeugt, dass diese Gruppe die Fähigkeit besitzt, gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen.

Die Form des Gedichts ist durch einen regelmäßigen Aufbau von vier Strophen mit jeweils acht Versen charakterisiert. Jede Strophe endet mit dem Vers „Es ist mein Stolz, dass ich vom Volke stamme!“ Dieser wiederkehrende Vers scheint die zentrale Botschaft des Gedichts zu sein. Die Sprache des Gedichts ist deutlich und verständlich; es illustriert die einfache Lebensweise und die harte Arbeit der Menschen auf dem Land. In ihrer Sprache liegt eine Würdigung und Ehrerbietung vor den 'einfachen' Menschen und ihrer hohen Arbeitsmoral.

Insgesamt lässt sich sagen, dass Louise Otto-Peters in ihrem Gedicht eine Hommage an das einfache Volk und die ehrenhafte harte Arbeit als wesentlichen Bestandteil dieses Lebens leistet. Gleichzeitig betont sie die Notwendigkeit gesellschaftlicher Veränderungen, die im Lichte der damaligen Zeit als Appell an die Arbeiterklasse gesehen werden können, ihre eigenen Rechte einzufordern und sich gegen bestehende soziale Ungerechtigkeiten aufzulehnen.

Weitere Informationen

Louise Otto-Peters ist die Autorin des Gedichtes „Der Sohn des Volkes“. 1819 wurde Otto-Peters in Meißen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1860 zurück. Erscheinungsort des Textes ist Leipzig. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das 243 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere Werke der Dichterin Louise Otto-Peters sind „An Georg Herwegh“, „An Ludwig Börne“ und „An Richard Wagner“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Der Sohn des Volkes“ weitere 106 Gedichte vor.

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