Der Ruf von Otto Ernst
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Schon trat aus ferner, tannendunkler Pforte |
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Der Schlaf hervor. |
3 |
Schon raunte mir die ersten, leisen Worte |
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Der Traum ins Ohr. |
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Da klang von nahen Zweigen |
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Ein tiefer Freudenschall, |
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Und klang getrost und stark durch Nacht und Schweigen. |
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In meinen Traum sang eine Nachtigall. |
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9 |
Ich ritt durch flimmerdunkle Waldesräume |
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Im Traum, im Traum. |
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Nur fern, o fern, durch mitternächt’ge Bäume |
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Ein lichter Saum. |
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Doch horch: von jenen Röten |
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Ein süß geheimer Hall, |
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Ein weiches, tiefes, morgenstilles Flöten! |
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In meinen Traum sang eine Nachtigall. |
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Nun weiß ich auch, daß mir dieselbe Stimme |
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Von je erklang |
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Und mir das Herz in Kampf und Leidensgrimme |
20 |
Voll Hoffnung sang. |
21 |
Ein Land des Lichtes träumen |
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Wir armen Seelen all! |
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Ich aber höre Klang aus jenen Räumen: |
24 |
In meinen Traum singt eine Nachtigall. |
Details zum Gedicht „Der Ruf“
Otto Ernst
3
24
127
1907
Moderne
Gedicht-Analyse
Dieses Gedicht mit dem Titel „Der Ruf“ wurde von Otto Ernst verfasst, der von 1862 bis 1926 lebte und somit in den Kontext der Spätromantik und des Naturalismus einzuordnen ist.
Das Gedicht hinterlässt auf den ersten Eindruck einen stimmungsvollen und träumerischen Eindruck. Es erzählt die Erfahrung des lyrischen Ichs, das auf der Schwelle zwischen Wachen und Schlaf gestört wird durch den Ruf einer Nachtigall. Dieser Ruf begleitet es dann durch seine Träume und gibt ihm Hoffnung.
In der ersten Strophe beschreibt das lyrische Ich den Übergang vom Wachzustand zum Schlaf. Es war bereits dabei, sich in seinen Träumen zu verlieren, als es von einem „Freudenschall“ geweckt wird - dem Gesang einer Nachtigall. Im zweiten Abschnitt ist das lyrische Ich in seinen Träumen auf einem nächtlichen Ritt durch den Wald. Trotz der Dunkelheit und Stille erreicht es erneut der Gesang der Nachtigall. Im letzten Abschnitt erkennt das lyrische Ich, dass dieser Gesang immer in seiner Vergangenheit präsent war, ihm durch schwere Zeiten geholfen hat und ihm Hoffnung gab.
Formal besteht das Gedicht aus drei Oktetten, also Strophen mit jeweils acht Versen, deren Endreime sich in allen drei Strophen wiederholen. Die Sprache ist bildreich und atmosphärisch und verwendet viele Kontraste, wie zum Beispiel Dunkelheit gegen Licht oder Stille gegen den Gesang der Nachtigall. Das lyrische Ich spricht in der ersten Person und teilt intime Gefühle und Gedanken.
Insgesamt vermittelt das seiner Form nach klassische Gedicht eine universelle Botschaft: Trotz Dunkelheit und Schwierigkeiten gibt es immer etwas, das uns Hoffnung und Trost bietet - in diesem Fall symbolisiert durch den Gesang der Nachtigall.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Der Ruf“ ist Otto Ernst. Ernst wurde im Jahr 1862 in Ottensen bei Hamburg geboren. Im Jahr 1907 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Leipzig. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Moderne zuordnen. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das 127 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Otto Ernst ist auch der Autor für Gedichte wie „Allein im Dunkel“, „Alles ist ewig“ und „An einem leisen Bach“. Zum Autor des Gedichtes „Der Ruf“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 64 Gedichte vor.
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