Der Regenbogen von Johann Gottfried Herder

Schönes Kind der Sonne,
Holder Regenbogen,
Ueber schwarzen Wolken
Mir ein Bild der Hoffnung.
 
Tausend muntre Farben
Bricht der Stral der Sonne
In verhüllten Thränen
Ueber grauer Dämmrung.
 
Und des weiten Bogens
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Veste Säulen stehen
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Auf des Horizontes
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Sichrem Felsenboden.
 
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Ach der Bogen schwindet!
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Seine Farben blassen;
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Von den vesten Säulen
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Glänzet noch ein Wölkchen.
 
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Aber seht, der Himmel
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Bläuet sich; die Sonne
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Herrschet allgewaltig
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Und die Auen duften.
 
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Schwindet, holde Kinder
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Schöner Jugendträume,
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Schwindet! Nur die Sonne
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Steig’ hinauf und walte.
 
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Hoffnungen sind Farben,
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Sind gebrochner Stralen
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Und der Thränen Kinder;
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Wahrheit ist die Sonne.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.8 KB)

Details zum Gedicht „Der Regenbogen“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
96
Entstehungsjahr
1787
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Regenbogen“ stammt von Johann Gottfried Herder, einem deutschen Dichter der Weimarer Klassik, was sich zeitlich in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts einordnen lässt. Das Hauptmotiv des Gedichts, der Regenbogen, ist ein faszinierendes Phänomen, das seine ganze Strahlkraft entfaltet und sich zugleich stetig verändert.

Das Gedicht stellt den Regenbogen als ein Zeichen der Hoffnung dar, das aus der Finsternis entsteht und mithilfe des Lichts der Sonne leuchtet. Es benutzt dabei Metaphern und Allegorien, um eine komplexe Botschaft zu vermitteln. Die dunklen Wolken stehen für die schmerzlichen Erfahrungen und die Tränen, während der helle Bogen und seine Farben die Hoffnung repräsentieren. In den späteren Strophen zeigt der Text allerdings, dass diese dekorative Erscheinung nicht von Dauer ist. Mit dem allmählichen Verschwinden des Regenbogens wird deutlich, dass wahre Schönheit und Wahrheit nicht in solchen Trugbildern liegen, sondern in der ewigen Sonne, einem Gleichnis für die Wahrheit.

Die Form des Gedichtes ist geprägt von einer regelmäßigen Versstruktur mit vier Versen pro Strophe. Die Sprache ist einfach, aber bildhaft und lyrisch. Es verwendet eine Mischung aus Assoziationen und Bildern aus der natürlichen Welt, um einen tieferen Sinn zu vermitteln. Die einzelnen Verse sind in der Regel recht kurz und prägnant, was dem Text eine gewisse Kraft und Energie verleiht.

Die Aussage des Gedichts kann als Aufforderung zur Wertschätzung der Wahrheit und der realen Welt verstanden werden, anstatt sich in illusorischen Träumen und falschen Hoffnungen zu verlieren. Dabei handelt es sich um einen typischen Denkansatz der Weimarer Klassik, welche Ratio und Vernunft über Gefühle und Vorstellungskraft stellt. Es versprüht dennoch einen gewissen Optimismus und bestärkt die Leser darin, das Lebens nicht aufzugeben, auch wenn die Träume und Hoffnungen nicht immer Wirklichkeit werden.

Weitere Informationen

Johann Gottfried Herder ist der Autor des Gedichtes „Der Regenbogen“. Herder wurde im Jahr 1744 in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1787 zurück. In Gotha ist der Text erschienen. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Herder handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Zwischen den Epochen Empfindsamkeit und Klassik lässt sich in den Jahren zwischen 1765 und 1790 die Strömung Sturm und Drang einordnen. Geniezeit oder zeitgenössische Genieperiode sind häufige Bezeichnungen für diese Literaturepoche. Die wesentlichen Merkmale des Sturm und Drang lassen sich als ein Auflehnen oder Rebellieren gegen die Epoche der Aufklärung zusammenfassen. Das philosophische und literarische Leben in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und die Literatur sollten dadurch maßgeblich beeinflusst werden. Die Vertreter waren zumeist Schriftsteller jüngeren Alters, meistens nicht älter als 30 Jahre. Die Autoren versuchten in den Dichtungen eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Autoren aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die traditionellen Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit seinen beiden wichtigen Vertretern Goethe und Schiller entwickelte sich der Sturm und Drang weiter und ging in die Weimarer Klassik über.

Zwei sich deutlich unterscheidende Anschauungen hatten das 18. Jahrhundert bewegt: die Aufklärung und eine gefühlsbetonte Strömung, die durch den Sturm und Drang vertreten wurde. Die Weimarer Klassik ist eine Verschmelzung dieser beiden Elemente. Die Weimarer Klassik nahm ihren Anfang mit Goethes Italienreise im Jahr 1786 und endete mit Goethes Tod im Jahr 1832. Literarisches Zentrum und Ausgangspunkt der Weimarer Klassik (kurz auch häufig einfach nur Klassik genannt) war Weimar. Humanität, Güte, Gerechtigkeit, Toleranz, Gewaltlosigkeit und Harmonie sind die bedeutenden Themen. Die Weimarer Klassik orientiert sich am antiken Kunstideal. Typisch ist ein hohes Sprachniveau und eine reglementierte Sprache. Diese reglementierte Sprache verdeutlicht im Vergleich zum natürlichen Sprachideal des Sturm und Drang mit all seinen Derbheiten den Ausgleich zwischen Vernunft und Gefühl. Die Vertreter der Epoche haben in der Weimarer Klassik auf Gestaltungs- und Stilmittel aus der Antike zurückgegriffen. Goethe, Schiller, Herder und Wieland können als die Hauptvertreter der Klassik betrachtet werden. Aber nur Schiller und Goethe inspirierten und motivierten einander durch enge Zusammenarbeit und wechselseitige Kritik.

Das vorliegende Gedicht umfasst 96 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 28 Versen. Die Gedichte „An Auroren“, „An den Schlaf“ und „An die Freundschaft“ sind weitere Werke des Autors Johann Gottfried Herder. Zum Autor des Gedichtes „Der Regenbogen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 413 Gedichte veröffentlicht.

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