Am dritten September 1870 von Emanuel Geibel

Nun laßt die Glocken vom Turm zu Turm
durchs Land frohlocken im Jubelsturm!
Des Flammenstoßes Geleucht facht an,
der Herr hat Großes an uns gethan,
Ehre sei Gott in der Höhe!
 
Es zog von Westen der Unhold aus,
sein Reich zu festen in Blut und Graus.
Mit allen Mächten der Höll' im Bund.
Furchtbar dräute der Erbfeind!
 
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Vom Rhein gefahren kam fromm und stark
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mit Deutschlands Scharen der Held der Mark;
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Die Banner flogen und über ihm
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in Wolken zogen die Cherubim.
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Ehre sei Gott in der Höhe!
 
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Drei Tage brüllt die Völkerschlacht,
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ihr Bluthauch hüllte die Sonn' in Nacht;
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Drei Tage rauschte der Würfelfall,
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und bangend lauschte der Erdenball.
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Furchtbar dräute der Erbfeind!
 
20 
Da hub die Wage des Weltgerichts
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am dritten Tage der Herr des Lichts,
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Und warf den Drachen vom güldnen Stuhl
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mit Donnerkrachen hinab zum Pfuhl!
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Ehre sei Gott in der Höhe!
 
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Nun bebt vor Gottes und Deutschlands Schwert
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die Stadt des Spottes, der Blutschuld Herd;
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Ihr Blendwerk lodert wie bald zu Staub,
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und heimgefordert wird all ihr Raub.
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Nimmermehr dräut uns der Erbfeind!
 
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Drum laßt die Glocken vom Turm zu Turm
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durchs Land frohlocken im Jubelsturm!
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Des Flammenstoßes Geleucht facht an!
33 
der Herr hat Großes an uns gethan.
34 
Ehre sei Gott in der Höhe!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.4 KB)

Details zum Gedicht „Am dritten September 1870“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
34
Anzahl Wörter
208
Entstehungsjahr
1870
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Am dritten September 1870“ wurde von Emanuel Geibel geschrieben, einem deutschen Dichter und Schriftsteller, der von 1815 bis 1884 lebte. Das Datum im Titel und die historischen Bezüge im Text deuten darauf hin, dass es sich auf den Deutsch-Französischen Krieg von 1870-1871 bezieht, in dem Deutschland Frankreich besiegte und dadurch das moderne Deutsche Reich gründete.

Die erste Strophe ruft zum Feiern auf und benennt Gottes Werk. Ein Feind zieht laut der zweiten Strophe von Westen heran, was auf Frankreich hinweist. Die dritte und vierte Strophe erzählen von der Schlacht und wie Gott eingegriffen hat. Die fünfte Strophe feiert dann den Sieg und die sechste Strophe die Niederlage und Demütigung des Feindes. Die letzte Strophe wiederholt den Aufruf zur Freude und Dankbarkeit gegenüber Gott.

Inhaltlich geht es in diesem Gedicht also um ein Ereignis von historischer Bedeutung: den Sieg Deutschlands im Krieg gegen Frankreich. Diese Geschichte wird jedoch aus einer sehr religiös geprägten Perspektive erzählt. Gott wird als eine Figur dargestellt, die aktiv in die Ereignisse eingreift und auf Seiten Deutschlands steht. Das lyrische Ich identifiziert sich mit der deutschen Nation und deutet den Sieg als eine göttliche Veranstaltung und Bestätigung der deutschen Stärke.

In Bezug auf Form und Sprache weist das Gedicht eine Vereinigung zwischen traditionellen Merkmalen der Lyrik und Elementen der religiösen Sprache auf. Jede Strophe endet mit einer Anrufung Gottes, was an kirchliche Gesänge oder Gebete erinnert. Die Sprache ist sehr bildhaft und verwendet viele Metaphern, um die Ereignisse zu beschreiben.

Insgesamt handelt es sich bei Geibels „Am dritten September 1870“ um ein religiös und national geprägtes Gedicht, das den Sieg Deutschlands im Deutsch-Französischen Krieg feiert. Das Gedicht spiegelt die damalige Zeit wider, in der Nationalismus und Religiosität eng miteinander verknüpft waren. Durch seine bildhafte und emotional aufgeladene Sprache vermittelt es ein Gefühl von Stolz und Triumph.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Am dritten September 1870“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Emanuel Geibel. Geboren wurde Geibel im Jahr 1815 in Lübeck. 1870 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 208 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 34 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Weitere Werke des Dichters Emanuel Geibel sind „Mahnung“, „Liebesglück“ und „Herbstlich sonnige Tage“. Zum Autor des Gedichtes „Am dritten September 1870“ haben wir auf abi-pur.de weitere 67 Gedichte veröffentlicht.

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