Der Mann im Mond von Johann Peter Hebel
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„Lueg, Müetterli, was isch im Mo’?“ |
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He, siehschs denn nit, e Ma! |
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„Io wegerli, i sieh ne scho. |
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Er het e Tschöpli a.“ |
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„Was tribt er denn die ganzi Nacht, |
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er rüehret io kei Glied?“ |
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He, siehsch nit, aß er Welle macht? |
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„Io, ebe dreiht er d’Wied.“ |
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„Wär i, wie er, i blieb dehei, |
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und machti d’Welle do.“ |
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He, isch er denn us üser Gmei’? |
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Mer hen scho selber so. |
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Und meinsch, er chönn so, wiener well? |
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Es wird em, was em g’hört. |
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Er gieng wol gern – der sufer Gsell |
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muß schellewerche dört. |
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„Was het er bosget, Müetterli? |
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Wer het en bannt dörthi?“ |
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Mer het em gseit der Dieterli, |
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e Nütnutz isch er gsi. |
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Ufs Bete het er nit viel gha, |
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ufs Schaffen o nit viel, |
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und öbbis muß me triebe ha, |
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sust het me langi Wil. |
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Drum, het en öbbe nit der Vogt |
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zur Strof ins Hüsli gspert, |
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sen isch er ebe z’Chander g’hockt, |
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und het d’Butelli g’lert. |
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„Ie, Müetterli, wer het em’s Geld |
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zu so me Lebe ge?“ |
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Du Närsch, er het in Hus und Feld |
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scho selber wüsse z’neh. |
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Ne mol, es isch e Sunntig gsi, |
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so stoht er uf vor Tag, |
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und nimmt e Beil, und tummlet sie, |
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und lauft in Lieler Schlag. |
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Er haut die schönste Büechli um, |
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macht Bohne-Stecke drus, |
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und treit sie furt, und luegt nit um, |
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und isch scho fast am Hus. |
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Und ebe goht er uffem Steg, |
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se ruuscht em öbbis für: |
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„Iez, Dieter, gohts en andre Weg! |
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Iez, Dieter, chumm mit mir!“ |
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Und uf und furt, und sider isch |
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kei Dieter wit und breit. |
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Dört obe stoht er im Gibüsch |
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und in der Einsemkeit. |
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Iez haut er iungi Büechli um; |
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iez chuchet er in d’Händ; |
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iez dreiht er d’Wied, und leit sie drum, |
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und ’s Sufe het en End. |
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So gohts dem arme Dieterli; |
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er isch e gstrofte Ma! |
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„O bhüetis Gott, lieb Müetterli, |
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i möchts nit mittem ha!“ |
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Se hüt di vorem böse Ding, |
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’s bringt numme Weh und Ach! |
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Wenn’s Sunntig isch, se bet und sing; |
60 |
am Werchtig schaff di Sach. |
Details zum Gedicht „Der Mann im Mond“
Johann Peter Hebel
16
60
355
nach 1776
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Der Mann im Mond“ stammt von Johann Peter Hebel, einem Autor des 18. und 19. Jahrhunderts. Er war bekannt für seine Erzählungen und Gedichte in alemannischer Mundart.
Auf den ersten Blick scheint dieses Gedicht eine einfache Unterhaltung zwischen einer Mutter und ihrem Kind zu sein, die über den „Mann im Mond“ sprechen und was er dort macht. Es vermittelt eine heimelige Atmosphäre, in der spielerische und kindliche Neugier auf die Worte der Mutter trifft.
Im Inhalt geht es um eine fiktive Geschichte, in der der „Mann im Mond“ als ein ungeschickter und fauler Mann (der Dieter) dargestellt wird, der von der Gesellschaft ausgesperrt und dafür bestraft wird, indem er dauerhaft im Mond leben muss. Dies wird der Mutter von ihrem Kind in Form von Fragen nahegebracht. Die Mutter erklärt geduldig, dass dieses Schicksal ihm zuteil wurde, weil er seinen Pflichten nicht nachgekommen ist und sein Leben in Nachlässigkeit und Faulheit verbracht hat.
Die Lehre oder Botschaft, die das lyrische Ich, hier die Mutter, aussagen möchte, ist die Wichtigkeit von Arbeit und Pflichterfüllung - das Einhalten von Ordnung und moralischen Grundsätzen in der Gesellschaft. Sie warnt ihr Kind vor den Konsequenzen von Faulheit und Ungehorsam.
Formal besteht das Gedicht aus 16 Strophen, die jeweils vier Verse haben. Es weist eine einfache und eingängige sprachliche Struktur auf. Die Wortwahl ist simpel und alltäglich und es wird vorwiegend in der Umgangssprache, genauer im alemannischen Dialekt, geschrieben. Dies unterstreicht die Nähe zum Alltag und die Einfachheit der message.
Hebels Gedicht zeigt, dass Poesie nicht immer komplex und kunstvoll sein muss, um eine tiefe und bedeutungsvolle Botschaft zu vermitteln. Manchmal sind es die einfachsten Worte und Bilder, die die stärksten und tiefgehendsten Emotionen und Lehren hervorrufen.
Weitere Informationen
Johann Peter Hebel ist der Autor des Gedichtes „Der Mann im Mond“. Hebel wurde im Jahr 1760 in Basel geboren. Zwischen den Jahren 1776 und 1826 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Karlsruhe. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang, Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zu. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das Gedicht besteht aus 60 Versen mit insgesamt 16 Strophen und umfasst dabei 355 Worte. Der Dichter Johann Peter Hebel ist auch der Autor für Gedichte wie „Der Karfunkel“, „Der Knabe im Erdbeerschlag“ und „Der Käfer“. Zum Autor des Gedichtes „Der Mann im Mond“ haben wir auf abi-pur.de weitere 60 Gedichte veröffentlicht.
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Zum Autor Johann Peter Hebel sind auf abi-pur.de 60 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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