Am Rhein von Rudolf Gottschall
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Es hat der rebumkränzte Rhein |
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Sein silbernes Haupt erhoben; |
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Er plaudert so gern im Mondenschein |
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Mit der stolzen Jungfrau droben. |
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Da steht sie mit dem Schwert auf der Wacht, |
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Hoch auf des Berges Rücken, |
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Und alle Sterne der ewigen Nacht, |
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Sie scheinen ihr Haupt zu schmücken. |
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"O ragen wirst du zum Himmelsdom |
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Auf dem granit'nen Kothurne, |
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So lang' ich gieße den mächtigen Strom |
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Aus unerschöpfter Urne. |
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Du hast mir ein lang verlorenes Land |
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In meinen Kranz gewunden; |
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Es hat die Krone in deiner Hand |
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Den würdigen Kaiser gefunden |
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An deinem Sockel regt es sich, |
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Als ob ein Nebel walle; |
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Ein Geisterschwarm umflutet dich, |
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Die Fürsten und Völker alle. |
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Da löst sich's von den Bildern los, |
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Die Reihen sind festgeschlossen: |
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Du aber führst sie riesengroß, |
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Siegsgöttin, in Erz gegossen! |
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Du schützest den friedlichen Besitz |
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Und alle Friedenskronen; |
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Doch naht der Feind, dann schmettert dein Blitz |
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In seine Legionen. |
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Ich grüße dich Germania, |
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Auf deiner Bergeshalde! |
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Fest steht das Reich wie du selber da, |
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Erzbild vom Niederwalde." |
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Und rastlos weiter rollt jetzt der Rhein |
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Durch Klippen bei strudelnden Wellen, |
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Vorbei am ragenden Felsgestein, |
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An dem sie schäumend zerschellen. |
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Da steht auf der Höh' ein blasses Weib, |
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Verhüllt in graue Schleier, |
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So schattenhaft der schöne Leib, |
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Klanglos in der Hand die Leier. |
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Sie wird von flatterndem Gewand |
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Wie von dunklem Gewölk umflogen; |
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Sie neigt sich herab zum Felsenrand, |
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Bereit zum Sprung in die Wogen. |
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Der Locken Gold so erbleichend und matt, |
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Vom silbernen Gram durchwoben: |
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Die Leier vorauszuschleudern hat |
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Sie hoch die Hand erhoben. |
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Da ruft der Rhein ihr ein mächtiges Halt |
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Aus grollender Flut entgegen: |
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"Verzweifle nicht an der Lieder Gewalt, |
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Die dir im Herzen sich regen! |
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O neidlos sieh auf das erz'ne Weib, |
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Das sie begeistert feiern. |
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Noch Tausende lockt dein holder Leib |
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In traumhaft wehenden Schleiern. |
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Noch Tausende wird dein holdes Wort |
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Mit stiller Gunst beglücken: |
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Die Herzen reißt es im Taumel fort |
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Zu seligem Entzücken. |
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So lang' ich vorbei an Burg und Dom |
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Und Rebenhügeln gleite, |
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Rauscht auch des deutschen Gesanges Strom |
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Gewaltig mir zur Seite. |
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O singe das Lied, das mutig und frei |
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Von Herz zu Herzen wandre! |
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Dein ist das Wort, o Lorelei; |
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Doch sprachlos steht die andre: |
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Die Göttin der That, so stolz und kühn |
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Blickt sie auf die Lande nieder; |
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Doch neben deutschen Thaten blühn |
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Ja ewig die deutschen Lieder!" |
Details zum Gedicht „Am Rhein“
Rudolf Gottschall
9
72
385
1823 - 1909
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Am Rhein“ wurde von Rudolf Gottschall, einem deutschen Schriftsteller und Literaturkritiker, verfasst. Gottschall wurde 1823 geboren und starb 1909, dieses Gedicht lässt sich also in die Epoche des Realismus einordnen.
Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht sehr bildhaft und es fällt auf, dass es sich um eine Personifikation des Rheins handelt. Es werden viele Elemente der Natur und der Folklore genutzt, um sowohl den Rhein als auch die Personen und Ereignisse in der Umgebung zu beschreiben.
Inhaltlich geht es im Gedicht „Am Rhein“ darum, dass der Rhein als sprechende Figur auftritt und eine Interaktion mit der Figur der Germania hat. Germania ist auf einem Berg und bewacht das Land mit ihrem Schwert, während der Rhein vorbeifließt und sie begrüßt. Im weiteren Verlauf taucht die Figur der Lorelei auf, welche offenbar am Rande der Verzweiflung ist und daran denkt, sich in den Rhein zu stürzen. Der Rhein rät ihr allerdings, ihre Musik und ihre Schönheit zu nutzen, um Menschen zu bewegen und zu erfreuen. Schließlich endet das Gedicht mit der Feststellung, dass die Taten, die im Lande passieren, und die Lieder, die darüber gesungen werden, ewig nebeneinander existieren werden.
Die Aussage des lyrischen Ichs deutet darauf hin, dass der Fluss als ewiges und unveränderliches Symbol für den beständigen Verlauf der Geschichte steht. Germania und Lorelei repräsentieren hingegen zwei Seiten Deutschlands: Macht und Stärke auf der einen Seite und Schönheit und Poesie auf der anderen Seite.
Formal besteht das Gedicht aus neun Strophen mit jeweils acht Versen. Die Strophen sind streng gereimt und folgen dem Muster ABABABAB. Einige Verse sind in Jamben, andere in Trochäen verfasst, aber generell kann man sagen, dass der Rhythmus recht regelmäßig ist. Die Sprache des Gedichts ist recht pathetisch und emotionsgeladen, was zum Ausdruck der leidenschaftlichen Gefühle des Rheins passt. Zusammenfassend kann man sagen, dass Gottschalls „Am Rhein“ ein lebhaftes und emotionales Gedicht ist, das die romantische Liebe zum Vaterland und zur Natur zum Ausdruck bringt.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Am Rhein“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Rudolf Gottschall. Der Autor Rudolf Gottschall wurde 1823 in Breslau geboren. In der Zeit von 1839 bis 1909 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das vorliegende Gedicht umfasst 385 Wörter. Es baut sich aus 9 Strophen auf und besteht aus 72 Versen. Der Dichter Rudolf Gottschall ist auch der Autor für Gedichte wie „Naturfrieden“, „Herrnhuter Romanze“ und „Heimkehr“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Am Rhein“ weitere 10 Gedichte vor.
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- Mondaufgang
- Das Rätsel
- Naturfrieden
- Herrnhuter Romanze
- Heimkehr
- Schwebende, flatternde Wolken
- Ein Traum ist alles Erdenleben
- Marie
Zum Autor Rudolf Gottschall sind auf abi-pur.de 10 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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