Der Korpsbursch von Karl Henckell

Seht den Korpsier stolzieren!
Kolossal! Feudaler Schmiß!
Was? Du wagst zu protestieren?
Steckt den Kerl in Bierverschiß!
Diese Narbe auf der Stirne,
Ehrenfurche lang und breit,
Jedem echten Burschenhirne
Sinnbild strammer Schneidigkeit.
 
Durch die Gassen auf und nieder
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Protzt der noble Studio:
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Renommage Blick und Glieder
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Bis zum Scheitel des Popo.
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Dieses Käppi, dieses Bändchen,
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Diese Pose, dieser Schick!
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Ein repräsentables Endchen
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Haarzopf baumelt im Genick.
 
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Heil dir, Korpsbursch, schönste Blüte
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An dem Riesenbusch der Zeit!
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Durch mein trunkenes Gemüte
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Duftet deine Herrlichkeit.
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Schmiß – Verschiß – Bierjunge – hängen!
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Abgestochen! Juden raus!
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Brüder, preist in Hochgesängen
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Das erhabne Herrscherhaus!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Der Korpsbursch“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
97
Entstehungsjahr
1883-1886
Epoche
Realismus,
Naturalismus

Gedicht-Analyse

Das präsentierte Gedicht trägt den Titel „Der Korpsbursch“ und wurde von Karl Henckell verfasst, einem deutschsprachigen Dichter, der von 1864 bis 1929 lebte. Somit lässt sich das Gedicht in die literarische Epoche des späten Realismus bzw. der beginnenden Moderne (Ende des 19. Jahrhunderts Anfang des 20. Jahrhunderts) einordnen.

Auf den ersten Blick fällt die Darstellung der Korporierten auf, die mit einer Mischung aus Bewunderung und Ironie dargestellt werden. Sie werden als prächtig, feudaler und stolz bezeichnet, doch auch ihr narzisstisches Verhalten wird indirekt kritisiert.

Das Gedicht handelt von einem Korpsstudenten, der mit Stolz und Selbstsicherheit durch die Gassen streift. Alle Merkmale seiner Zugehörigkeit zu einer Studentenverbindung, von seiner Narbe auf der Stirn, die von Duellen zeugt, über seine Kleidung, bis hin zu seiner Haltung und seinen Aussprüchen, werden hervorgehoben. Dabei wird deutlich, dass das lyrische Ich sowohl die Bewunderung der Zugehörigkeit zu einer solchen Gemeinschaft thematisiert, als auch ihre negativen Aspekte, wie den ausbrechenden Antisemitismus, angreift.

Formal folgt das Gedicht einer klaren Struktur: Drei Strophen mit jeweils acht Versen. Sprachlich zeichnet sich das Gedicht durch eine Mischung aus Hochsprache und Studentenjargon aus. Weiterhin sind Ironie und Sarkasmus auffallende Stilmittel.

Zusammenfassend spiegelt das Gedicht „Der Korpsbursch“ von Karl Henckell das Lebensgefühl von Studenten in Studentenverbindungen am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts wider. Es ist ein Stück Kulturgeschichte, das jedoch kritisch reflektiert wird und subtil auf die Probleme und Gefahren hinweist, die mit solchen elitären, abschottenden und antisemitischen Gruppierungen einhergehen. Auch wenn der Text mit Ironie und Sarkasmus die Überheblichkeit und Ignoranz von Korpsstudenten darstellt, zeigt er eine historische Realität und kulturelle Praxis in Deutschland auf, die kontrovers diskutiert wird.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Korpsbursch“ des Autors Karl Henckell. Der Autor Karl Henckell wurde 1864 in Hannover geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1886 zurück. In München ist der Text erschienen. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Realismus oder Naturalismus zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 97 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Die Gedichte „Die Engelmacherin“, „Giordano Bruno“ und „Hexengeflüster“ sind weitere Werke des Autors Karl Henckell. Zum Autor des Gedichtes „Der Korpsbursch“ haben wir auf abi-pur.de weitere 21 Gedichte veröffentlicht.

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