Unter blühenden Bäumen von Wilhelm Hertz

Unter blühenden Bäumen
lieg ich in Einsamkeit,
von alter Zeit,
von alter Liebe zu träumen.
 
Sehnsüchtige Stille ringsherum,
nur Bienengesumm
und fern im Tal ein Glockenklang:
Ob Hochzeitläuten,
ob Grabgesang,
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ich wills nicht deuten.
 
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Lenzwolken ziehn mit sanftem Flug.
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O Jugendleben,
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das lang verblich,
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o Frühlingsweben,
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was lockst du mich?
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Goldsonnig Fernen lachen.
 
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Neues Hoffen, neuer Trug!
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Lenz, des Zaubers ist genug!
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Nein, wieg mich ein
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zur süßen Ruh
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und decke du
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mein träumend Haupt mit Blüten zu!
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Rosig Dämmrung hüllt mich ein:
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O seliges Verschollensein,
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schlafen und nimmer erwachen!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.7 KB)

Details zum Gedicht „Unter blühenden Bäumen“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
25
Anzahl Wörter
90
Entstehungsjahr
1835 - 1902
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts „Unter blühenden Bäumen“ ist Wilhelm Hertz, ein deutscher Schriftsteller, der im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert lebte und wirkte. Damit lässt sich das Gedicht zeitlich der Epoche des Realismus oder schon dem beginnenden Symbolismus zuordnen.

Betrachtet man das Gedicht auf den ersten Blick, fällt die Naturverbundenheit auf, die durch zahlreiche Verweise auf Baumblüten, Bienen, Wolkentreiben und Frühlingszeit vermittelt wird. Diese romantisch anmutende Naturbeschreibung wird jedoch durchmischt mit melancholischen Anklängen an Einsamkeit, Vergänglichkeit und verlorene Liebe.

Inhaltlich beschreibt das lyrische Ich seine Gedanken und Empfindungen, während es alleine unter den blühenden Frühlingsbäumen liegt. Es fühlt sich in die Vergangenheit versetzt und schwelgt in Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit und eine alte Liebe. Die Umgebung - das Summen der Bienen, das Glockengeläut aus dem Tal, ziehende Wolken und Sonne - lösen bei ihm einerseits Sehnsucht, andererseits aber auch eine gewisse Resignation aus. Er spürt die zeichenhafte Natur, möchte deren deutende Zeichen jedoch nicht weiter verfolgen. Mit der Natur verbunden, erlebt er gleichzeitig eine innere Distanz zu Welt und Gegenwart.

Die Form des Gedichts ist nicht streng gebunden, die Strophen varrieren in ihrer Länge. Die von Hertz verwendete Sprache ist eher einfach, sie schmückt sich nicht mit komplexen Metaphern oder exotischen Worten. Es scheint, als wollte der Autor die direkte Verbundenheit zum Geschilderten ermöglichen. Die wiederkehrenden Anklänge an Frühling, Blüten, Jugend und Vergänglichkeit tragen zur melancholischen Grundstimmung des Gedichts bei.

Ein zentraler Aspekt ist die Alterseinsicht des lyrischen Ichs. Trotz der den Frühling betonenden Darstellung hat das lyrische Ich nichts mehr gemein mit der jugendlichen Frische dieser Jahreszeit, was durch die Verwendung von Begriffen wie „alte Zeit“ und „alte Liebe“ besonders hervorgehoben wird. Der Frühling wird zum Symbol des Vergangenen, die Jugend ist nicht mehr erreichbar, was sich in einem bedeckenden, schlafenden Abschied zum Ausdruck bringt. Alles in allem vermittelt Hertz in diesem Gedicht auf eindringliche Weise ein Stimmungsbild von Schönheit, Melancholie und Vergänglichkeit.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Unter blühenden Bäumen“ ist Wilhelm Hertz. Hertz wurde im Jahr 1835 in Stuttgart geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1851 bis 1902 entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das Gedicht besteht aus 25 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 90 Worte. Die Gedichte „Am Sarge eines jungen Mädchens“, „Treuliebchens Tod“ und „Versöhnung“ sind weitere Werke des Autors Wilhelm Hertz. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Unter blühenden Bäumen“ weitere 11 Gedichte vor.

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