Das treue Roß von Justinus Kerner

Graf Turneck kam nach hartem Strauß
Bei Nacht wohl vor ein Gotteshaus.
 
Das Haus, das lag im Walde tief,
In seiner Gruft ein König schlief.
 
Hier auszuruhn gedenkt der Graf,
Er weiß nicht, daß ein Pfeil ihn traf.
 
Der Graf steigt ab vom weißen Roß:
?Graf', bis ich wiederkomm', im Moos!"
 
Auf fährt das Tor mit dumpfem Schall,
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Dann schweigt es in der weiten Hall'.
 
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Der Graf tappt hin an kalter Wand,
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Bald einen alten Sarg er fand.
 
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?Der müde Leib soll rasten hier;
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Versteinert Holz, brichst nicht mir mir."
 
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Der Graf sich legt, so lang er war,
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Wohl auf dieselbe Totenbahr'.
 
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Die Sonn' kam über Berge rot,
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Der Graf kam nicht, der Graf war tot.
 
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Seitdem verstrich manch hundert Jahr,
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Sein harrt das Roß noch immerdar.
 
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Vorm Gotteshaus steht noch ein Stein,
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Dran grast das Roß im Mondenschein.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.7 KB)

Details zum Gedicht „Das treue Roß“

Anzahl Strophen
11
Anzahl Verse
22
Anzahl Wörter
139
Entstehungsjahr
1786 - 1862
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht des bekannten schwäbischen Dichters Justinus Kerner stammt aus dem 19. Jahrhundert und trägt den Titel „Das treue Roß“. Kerner war ein wichtiger Vertreter der Schwäbischen Schule und lebte von 1786 bis 1862.

Beim ersten Durchlesen fallen sofort der einheitlich klangvolle Ton und das mittelalterlich anmutende Szenario auf: Ein Ritter, der nach einem Kampf bei Nacht vor einem abgelegenen Gotteshaus ankommt, um dort zu rasten.

Im Inhalt des Gedichts geht es um den Grafen Turneck, der nach einem unbenannten Kampf ermüdet bei einem Gotteshaus Rast findet. Unwissend über die schwere Verletzung, die er erlitten hat, legt er sich in einem offenen Sarg zur Ruhe und stirbt. Sein Pferd, das loyale Ross, harrt unerschütterlich und wartet auf seine Rückkehr, sogar hundert Jahre später.

In seiner Botschaft betont das lyrische Ich die Treue und Loyalität des Rosses gegenüber seinem Herrn und stellt diese Treue als etwas Unvergängliches und Zeitloses dar. Auch der Tod des Grafen und die Jahrhunderte, die seitdem vergangen sind, können diese Treue nicht erschüttern.

Das Gedicht besteht aus elf gleich gebauten Strophen mit je zwei Versen, die in einem Paarreim verschränkt sind. Der Stil ist klar und schlicht, fast spröde. Dies spiegelt die Schlichtheit des mittelalterlichen Lebens wider, in das Kerner uns entführt. Kerner verwendet eine einfache, direkte Sprache ohne viele Metaphern oder versteckte Aussagen. Die klaren und präzisen Verse vermitteln eine fast schaurige Stimmung, die durch die nächtliche Atmosphäre und den Tod des Grafen verstärkt wird. Gleichzeitig unterstreicht die schlichte Sprache die Einfachheit und Reinheit der Loyalität des Rosses.

Abschließend lässt sich sagen, dass „Das treue Roß“ ein gut konstruiertes, stimmungsvolles Gedicht ist, das die Tugenden der Treue und der Loyalität in den Mittelpunkt stellt. Kerner nutzt das mittelalterliche Szenario effektiv, um eine Zeitlosigkeit zu betonen und so die Botschaft zu vermitteln, dass diese Tugenden unabhängig von der Zeitepoche schätzenswert bleiben.

Weitere Informationen

Justinus Kerner ist der Autor des Gedichtes „Das treue Roß“. Kerner wurde im Jahr 1786 in Ludwigsburg geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1802 bis 1862 entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zugeordnet werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das 139 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 22 Versen mit insgesamt 11 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Justinus Kerner sind „An den Hund des Todten“, „Frühlingsklage“ und „Morgengefühl“. Zum Autor des Gedichtes „Das treue Roß“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 20 Gedichte vor.

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