Die drei Zigeuner von Nikolaus Lenau

Drei Zigeuner fand ich einmal
Liegen an deiner Weide,
Als mein Fuhrwerk mit müder Qual
Schlich durch sandige Heide.
 
Hielt der eine für sich allein
In den Händen die Fiedel,
Spielte, umglüht vom Abendschein,
Sich ein feuriges Liedel.
 
Hielt der Zweite die Pfeif' im Mund,
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Blickte nach seinem Rauche,
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Froh, als ob er vom Erdenrund
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Nichts zum Glücke mehr brauchte.
 
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Und der Dritte behaglich schlief,
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Und sein Zymbal am Baum hing,
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Über die Saiten der Windhauch lief,
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Über sein Herz ein Traum ging.
 
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An den Kleidern trugen die Drei
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Löcher und bunte Flicken,
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Aber sie boten trotzig frei
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Spott den Erdengeschicken.
 
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Dreifach haben sie mir gezeigt,
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Wenn das Leben uns nachtet,
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Wie man's verraucht, verschläft, vergeigt,
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Und es dreimal verachtet.
 
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Nach den Zigeunern lang noch schaun
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Mußt ich im Weiterfahren,
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Nach den Gesichtern dunkelbraun,
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Den schwarzlockigen Haaren.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.9 KB)

Details zum Gedicht „Die drei Zigeuner“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
137
Entstehungsjahr
1802 - 1850
Epoche
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die drei Zigeuner“ wurde von Nikolaus Lenau verfasst, einem österreichischen Schriftsteller, der von 1802 bis 1850 lebte. Dies platziert das Werk in die Epoche des 19. Jahrhunderts, genauer gesagt in die Zeit des Biedermeiers und Vormärz.

Bei der ersten Lektüre des Gedichts drängt sich der Eindruck der Romantisierung und zugleich auch idealisierung der Freiheit und Ungebundenheit, die Zigeuner oft zugewiesen wird, auf. Lenau beschreibt eine Begegnung mit drei Zigeunern, die trotz ihrer scheinbar einfacher Lebensbedingungen, zufrieden und in Ruhe erscheinen und ein von außen betrachtet sorgloses Leben aufzeigen.

Im Inhalt des Gedichts bleibt Lenau bei der Darstellung der Situation und der Tätigkeit der drei Zigeuner: Der erste spielt auf seiner Fiedel, der zweite raucht eine Pfeife und der dritte scheint zu schlafen. Sie scheinen Freude zu haben, obwohl ihre Kleider abgetragen sind, und trotzen somit in gewisser Weise den „Erdengeschicken“. Das lyrische Ich zieht daraus drei Schlussfolgerungen, wie man das Leben ungeachtet aller Schwierigkeiten genießen kann: nämlich es „verraucht“, „verschläft“ und „vergeigt“. Hier steht das Rauchen für das Genießen, das Schlafen für die Ruhe und die Gelassenheit und das Spielen der Fiedel symbolisiert die Freude und das Lachen im Leben.

In Bezug auf die Form ist das Gedicht in sieben vierzeilige Strophen unterteilt. Seine Sprache ist einfach und direkt, aber mit einer gewissen Melancholie und emotionaler Aufladung, die die Atmosphäre der Szene und die Stimmung des lyrischen Ichs kennzeichnet. Die Wiederholung bestimmter Wörter und Motive trägt ebenfalls dazu bei, den Eindruck der innigen Beschäftigung des lyrischen Ichs mit den beschriebenen Zigeunern zu verstärken.

Insgesamt interpretiere ich das Gedicht als eine Reflexion des lyrischen Ichs über Lebensfreude und -genuss trotz aller Widrigkeiten, angelehnt an die beobachteten Lebensweisen der drei Zigeuner. Er zeigt Bewunderung und Sehnsucht nach dieser Art von Freiheit und Unabhängigkeit, die die Zigeuner repräsentieren und die ihm in seinem eigenen Leben möglicherweise fehlen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Die drei Zigeuner“ des Autors Nikolaus Lenau. Lenau wurde im Jahr 1802 in Csatád geboren. Im Zeitraum zwischen 1818 und 1850 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Biedermeier zuordnen. Bei dem Schriftsteller Lenau handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 137 Worte. Nikolaus Lenau ist auch der Autor für Gedichte wie „Herbstgefühl“, „Herbstentschluß“ und „Herbst“. Zum Autor des Gedichtes „Die drei Zigeuner“ haben wir auf abi-pur.de weitere 51 Gedichte veröffentlicht.

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