Der Jüngling auf dem Hügel von Heinrich Hüttenbrenner

Ein Jüngling auf dem Hügel
mit seinem Kummer sass,
wohl ward der Augen Spiegel
ihm trüb' und thränennass.
 
Sah frohe Lämmer spielen
am grünen Felsenhang,
sah frohe Bächlein quillen
das bunte Thal entlang;
 
die Schmetterlinge sogen
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am rothen Blüthenmund,
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wie Morgenträume flogen
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die Wolken in dem Rund;
 
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und Alles war so munter,
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und Alles schwamm in Glück,
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nur in sein Herz hinunter
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sah nicht der Freude Blick.
 
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Ach, dumpfes Grabgeläute
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im Dorfe nun erklang,
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schon tönte aus der Weite
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ein klagender Gesang;
 
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sah nun die Lichter scheinen,
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den schwarzen Leichenzug,
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fing bitter an zu weinen,
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weil man sein Röschen trug.
 
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Jetzt liess den Sarg man nieder,
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der Todtengräber kam,
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und gab der Erde wieder,
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was Gott aus selber nahm.
 
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Da schwieg des Jünglings Klage,
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und betend ward sein Blick,
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sah schon am schönern Tage
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des Wiedersehens Glück.
 
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Und wie die Sterne kamen,
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der Mond heraufgeschifft,
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da las er in den Sternen
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der Hoffnung hohe Schrift.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26 KB)

Details zum Gedicht „Der Jüngling auf dem Hügel“

Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
155
Entstehungsjahr
nach 1815
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Jüngling auf dem Hügel“ wurde von Heinrich Hüttenbrenner verfasst, der im späten 18. bis frühen 19. Jahrhundert lebte. Damit lässt sich das Werk in die Epoche der Romantik einordnen, in der besonders Gefühle und Naturmotive einen hohen Stellenwert in der Dichtung hatten.

Auf den ersten Blick nimmt der Leser durch die lyrischen Beschreibungen an den emotionalen Erfahrungen des jungen Manns auf dem Hügel teil. Sie erzeugen eine melancholisch-schöne Atmosphäre, die typisch für die Romantik ist.

Im Verlauf des Gedichts wird klar, dass das lyrische Ich, ein junger Mann, auf einem Hügel sitzt und trauert. Sein Blick streift über eine lebenssprühende Landschaft, die in starkem Kontrast zu seinen eigenen Gefühlen steht, bis das Motiv der Trauer durch das Erklingen von Grabgeläute und den Anblick einer Beerdigungsprozession im Tal konkretisiert wird. Der Leser versteht, dass der Jüngling um einen geliebten Menschen – symbolisiert durch das „Röschen“ – trauert, das gerade zur letzten Ruhe gebettet wird. Im Verlauf der Beerdigung verändert sich die Trauer des lyrischen Ichs in Hoffnung auf ein Wiedersehen im Jenseits, was symbolisiert wird durch den nächtlichen Himmel und die Sterne, in denen er die „Hoffnung hohe Schrift“ liest.

Das Gedicht besteht aus neun gleich aufgebauten Strophen mit jeweils vier Versen. Inhaltlich gliedert sich das Gedicht in drei Teile: Die ersten vier Strophen schildern die Trauer des Jünglings sowie die Kontraste in der belebten Natur. Die mittleren Strophen schildern die Beerdigung, der Jüngling wird konfrontiert mit dem Tod seiner Geliebten. Die letzten beiden Strophen stellen dann die Wandlung der Trauer in Hoffnung dar. Der Sprachstil ist hochpoetisch und metaphorisch, reich an Naturbildern und sinnlichen Eindrücken. Hinzu kommen die starken Gefühlsausdrücke, die sowohl die Trauer als auch die Hoffnung des lyrischen Ichs betonen und damit die Intention des Autors unterstreichen, den emotionalen Prozess der Trauer und des Loslassens darzustellen.

Insgesamt zeigt das Gedicht auf eindrückliche Weise den Kontrast zwischen dem Tod und dem Leben, der Trauer und der Hoffnung sowie die Bewältigung der Endgültigkeit durch den Glauben an ein Weiterleben im Jenseits. Mit seiner außergewöhnlichen sprachlichen Gestaltung und den intensiven Natur- und Gefühlsbildern ist „Der Jüngling auf dem Hügel“ ein vergegenwärtigendes Beispiel für die lyrische Dichtung der Romantik.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Jüngling auf dem Hügel“ von Heinrich Hüttenbrenner. Der Autor Heinrich Hüttenbrenner wurde 1799 in Graz geboren. In der Zeit von 1815 bis 1830 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das 155 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 9 Strophen. Zum Autor des Gedichtes „Der Jüngling auf dem Hügel“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.

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