Chorgebet von Ernst Moritz Arndt

Herrscher der Dinge,
Selige Götter,
Deutet der Menschen
Klügeln euch je?
Feuriger Schwinge
Fähret das Wetter
Schmetternd zur Erde,
Stiftend das Weh.
 
Und von dem Tage
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Fliehet der Schimmer,
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Und von den Nächten
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Fliehet der Schlaf:
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Denn von dem Schlage
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Hebet sich nimmer,
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Wen es mit Blitzen
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Schrecklicher traf.
 
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Bringet ihr wieder
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Freundliche Sonnen,
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Wandelt das Glück auch
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Lustig darein,
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Locken uns Lieder,
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Reizen uns Wonnen,
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Blühet das Leben
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Lieblich im Schein,
 
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Und von den Blitzen
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Und von dem Wehe
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Rollender Wolken
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Klingt es nicht mehr;
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Leuchtenden Sitzen
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Himmlischer Höhe
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Gleicht sich in Wonne
32 
Irdisches Heer.
 
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Selige Götter,
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Richtet mit Gnade,
35 
Richtet der Menschen
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Flüchtig Geschlecht
37 
Geht ihr im Wetter
38 
Donnernde Pfade,
39 
Träufelt ihr Segen,
40 
Eu'r ist das Recht.
 
41 
Denn was im Staube
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Wechselt und wandelt,
43 
Fliehet wie Sand im
44 
Winde dahin,
45 
Und gleich dem Laube,
46 
Welches verwehet,
47 
Wechselt der Menschen
48 
Schicksal und Sinn.
 
49 
Darum bescheiden
50 
Sollen sie treten
51 
Unter des Himmels
52 
Leuchtendem Saal,
53 
Blühend in Freuden
54 
Sollen sie beten,
55 
Daß sie nicht treffe
56 
Fressender Stahl.
 
57 
's wechselt die Welle
58 
Unten nach oben,
59 
Spielet den Schwimmer
60 
Auf und hinab:
61 
Heut ist sie helle,
62 
Heut ist er oben,
63 
Morgen sie reißt ihn
64 
Brausend ins Grab.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.4 KB)

Details zum Gedicht „Chorgebet“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
64
Anzahl Wörter
194
Entstehungsjahr
1809
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

„Chorgebet“ ist ein Gedicht des deutschen Autors Ernst Moritz Arndt, der von 1769 bis 1860 lebte. Die zeitliche Einordnung lässt sich demnach in das 18. bis 19. Jahrhundert festlegen, mit besonderer Betonung auf die Epoche der Romantik und die Befreiungskriege gegen Napoleon. Arndt spielte eine wichtige Rolle in der nationalen Bewegung Deutschlands und seine Werke sind bekennend patriotisch und freiheitsliebend.

Bei erster Lektüre fallen die erhabenen, aber auch düsteren Bilder auf, die von Naturgewalten und Göttern, von Leid und Freude handeln. Es scheint, als würde das lyrische Ich das Unausweichliche der menschlichen Existenz unter einer höheren Macht hervorheben.

Inhaltlich geht es darum, dass das menschliche Geschick von einer höheren Macht gelenkt wird und der Mensch sich dieser Macht unterwerfen muss. Die ersten Strophen vermitteln ein Gefühl von Furcht vor der Macht der Naturgewalten, repräsentiert durch das Wetter. Es wird jedoch auch die Hoffnung auf bessere Zeiten ausgedrückt, in denen das Leben wieder „lieblich im Schein“ blühen kann. Dennoch bleibt die Erinnerung an die schrecklichen Zeiten, die überwunden wurden, bestehen. Der Mensch wird aufgefordert, bescheiden zu sein und anzuerkennen, dass sein Schicksal in den Händen der „seligen Götter“ liegt.

Formal ist das Gedicht in acht Strophen unterteilt, von denen jede aus acht Versen besteht. Die Verse sind überwiegend jambisch und gehen paarweise Reime ein. Stark hervor kommende rhetorische Mittel sind Metaphern und Symbole. So steht das Wetter für das Schicksal, die Blitze und das Wetter für Naturkatastrophen und Herausforderungen.

Das Gedicht verwendet viele antike Götter- und Naturbilder, was zu dieser Zeit üblich war und dem Ganzen einen erhabenen Ton verleiht. Die Sprache ist hochgestochen und gewinnt durch ihre Formulierung eine Hymnen-ähnliche Atmosphäre, die gut zu dem bittenden und anbetenden Ton des lyrischen Ichs passt.

Zusammenfassend kann man sagen, dass „Chorgebet“ eine Meditation über das menschliche Dasein ist und wie es einem größeren, göttlichen Plan unterliegt. Arndts Werk spiegelt dabei das Lebensgefühl seiner Zeit wider und zeigt die Hinwendung zur Natur und zur inneren Welt des Menschen, die typisch für die Romantik ist.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Chorgebet“ ist Ernst Moritz Arndt. Geboren wurde Arndt im Jahr 1769 in Groß Schoritz (Rügen). Das Gedicht ist im Jahr 1809 entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Klassik oder Romantik zugeordnet werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das 194 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 64 Versen mit insgesamt 8 Strophen. Die Gedichte „Elegie“, „Die Biene und der Lenz“ und „Leben“ sind weitere Werke des Autors Ernst Moritz Arndt. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Chorgebet“ weitere 285 Gedichte vor.

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