Der Hirtenknabe von Heinrich Heine
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König ist der Hirtenknabe, |
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Grüner Hügel ist sein Thron; |
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Ueber seinem Haupt die Sonne |
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Ist die große, goldne Kron’. |
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Ihm zu Füßen liegen Schafe, |
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Weiche Schmeichler, rothbekreuzt; |
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Kavaliere sind die Kälber, |
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Und sie wandeln stolzgespreizt. |
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Hofschauspieler sind die Böcklein, |
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Und die Vögel und die Küh’, |
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Mit den Flöten, mit den Glöcklein, |
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Sind sie Kammermusizi. |
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Und das klingt und singt so lieblich, |
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Und so lieblich rauschen drein |
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Wasserfall und Tannenbäume, |
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Und der König schlummert ein. |
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Unterdessen muß regieren |
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Der Minister, jener Hund, |
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Dessen knurriges Gebelle |
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Wiederhallet in der Rund’. |
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Schläfrig lallt der junge König: |
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„Das Regieren ist so schwer, |
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Ach, ich wollt’, daß ich zu Hause |
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Schon bei meiner Kön’gin wär’! |
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„In den Armen meiner Kön’gin |
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Ruht mein Königshaupt so weich, |
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Und in ihren lieben Augen |
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Liegt mein unermeßlich Reich!“ |
Details zum Gedicht „Der Hirtenknabe“
Heinrich Heine
7
28
131
1824
Junges Deutschland & Vormärz
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Der Hirtenknabe“ stammt von dem weitestgehenden Lyriker der deutschen Literatur – Heinrich Heine. Er lebte im 19. Jahrhundert und vertrat die literarische Epoche der Romantik.
Auf den ersten Blick nimmt das Gedicht den Leser mit in eine idyllische Szenerie eines Hirtenjungen, der wie ein König über seine ihm anvertraute Welt regiert. Inmitten der Natur und weit entfernt von jeglicher Zivilisation, erscheint die Welt des Hirtenknaben als vollkommen und harmonisch. Jedoch wird diese Harmonie nach und nach von einer unterschwelligen Ironie und Kritik gebrochen.
Inhaltlich handelt das Gedicht von einem Hirtenknaben, der sich in einer königsgleichen Rolle sieht, umgeben von Natur und seinen Herdentieren. Dieser Hirtenknabe ist gleichsam König seiner Welt, einer Welt, die sich weit weg von politischen Streitigkeiten und sozialen Hierarchien abspielt. Im Laufe des Gedichts zeigt der Knabe jedoch Anzeichen von Überdruss an seiner Königsherrschaft, er sehnt sich nach Ruhe und einem einfachen Leben, symbolisiert durch die Sehnsucht nach seiner „Königin“.
Heine benutzt in diesem Gedicht die Figur des Hirtenknaben als Metapher und ironische Darstellung eines Regenten. Jede verse stellt eine Parallele zu der politischen und gesellschaftlichen Hierarchie dar - die Schafe sind Untertanen, die Kälber Kavaliere, die Bocklein Hofschauspieler, und der Hund dient als Minister. Heine benutzt hierbei den Hirtenknaben, um eine gesellschaftskritische Aussage zu treffen. Die idyllische Welt des Knaben lässt die komplizierte und korrupte Welt der Politik umso schlechter dastehen.
Sprachlich arbeitet Heine mit Reimen, die den Lesefluss angenehm gestalten und den idyllischen Charakter des Gedichts unterstreichen. Die Sprache ist durchwegs bildreich und metaphorisch, was dem Gedicht eine kritische Tiefe verleiht. Er verzichtet auf einen komplexen Satzbau, wodurch das Gedicht leicht zugänglich ist. Insgesamt weist das Gedicht eine klassische Gedichtsform auf, bestehend aus 7 Vierzeilern.
Abschließend lässt sich sagen, dass Heine in „Der Hirtenknabe“ eine poetische Welt erschafft, die idyllisch und harmonisch anmutet, aber gleichzeitig eine scharfe Kritik an der weltlichen Politik und Gesellschaft darstellt. Heine stellt die Frage nach der Möglichkeit eines idealen Regenten und zeigt gleichzeitig die Unmöglichkeit solch einer Utopie auf.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Der Hirtenknabe“ ist Heinrich Heine. Heine wurde im Jahr 1797 in Düsseldorf geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1824 zurück. Der Erscheinungsort ist Hamburg. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Der Schriftsteller Heine ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 131 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 28 Versen. Weitere Werke des Dichters Heinrich Heine sind „Ahnung“, „Allnächtlich im Traume seh’ ich dich“ und „Almansor“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der Hirtenknabe“ weitere 535 Gedichte vor.
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