Kuriose Geschichte von Robert Reinick

Ich bin einmal etwas hinausspaziert,
Da ist mir ein närrisch Ding passiert:
Ich sah einen Jäger am Waldeshang,
Ritt auf und nieder den See entlang;
Viel Hirsche sprangen am Wege dicht;
Was tat der Jäger? – Er schoß sie nicht,
Er blies ein Lied in den Wald hinein –
Nun sagt mir, ihr Leut', was soll das sein?
 
Und als ich weiter bin fortspaziert,
10 
Ist wieder ein närrisch Ding mir passiert:
11 
Im kleinen Kahn eine Fischerin
12 
Fuhr stets am Waldeshange dahin;
13 
Rings sprangen die Fischlein im Abendlicht;
14 
Was tat das Mädchen? – Sie fing sie nicht,
15 
Sie sang ein Lied in den Wald hinein –
16 
Nun sagt mir, ihr Leut', was soll das sein?
 
17 
Und als ich wieder zurück spaziert,
18 
Da ist mir das närrischte Ding passiert:
19 
Ein leeres Pferd mir entgegenkam,
20 
Im Seel ein leerer Nachen schwamm;
21 
Und als ich ging an den Erlen vorbei,
22 
Was hört' ich drinnen? Da flüsterten Zwei,
23 
Und 's war schon spät und Mondenschein –
24 
Nun sagt mir, ihr Leut', was soll das sein?
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Kuriose Geschichte“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
170
Entstehungsjahr
1805 - 1852
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Kuriose Geschichte“ wurde von Robert Reinick verfasst, einem deutschen Dichter und Maler, der vom 22. Februar 1805 bis zum 7. Februar 1852 lebte. Seine Arbeit lässt sich in die Biedermeierzeit einordnen, einer Epoche, die sich durch einen starken Fokus auf häusliches Leben und Bürgertum auszeichnet.

Auf den ersten Blick handelt das Gedicht von merkwürdigen Begegnungen, die das lyrische Ich während eines Spaziergangs erlebt. Es ist eine Erzählung von seltsamen Ereignissen, die sich durch ihren unerwarteten und humorvollen Aspekt auszeichnen.

In den ersten beiden Strophen des Gedichts begegnet das lyrische Ich jeweils einer Person, die für eine bestimmte Tätigkeit bekannt ist, ihre üblichen Pflichten jedoch nicht ausführt. Anstatt seine typische Rolle als Jäger auszuführen, bläst der Jäger ein Lied in den Wald hinein. Ähnlich verhält sich die Fischerfrau, die anstelle von Fischen ein Lied in den Wald hinein singt. In der dritten Strophe wiederum erlebt das lyrische Ich die merkwürdige Begegnung mit einem leeren Pferd und einem leeren Nachen. Es scheint, dass die beiden Bewohner des Waldes verschwunden sind und nur ihre 'Instrumente' zurückgelassen haben.

Sprachlich fällt das Gedicht durch seinen gereimten Vierheber im Jambus auf. Die Sprache ist bildhaft, dabei aber einfach und klar, was dazu beiträgt, dass die kuriosen Begebenheiten umso deutlicher hervortreten. Jede Strophe endet mit einer direkten Ansprache an die „Leute“, was das lyrische Ich in eine Art Erzählposition rückt.

Die Form des Gedichts trägt zur Wirkung der Geschichte bei: Die Wiederholung der Struktur in jeder Strophe lässt den Leser auf die kleinen, aber bedeutenden Unterschiede in den einzelnen Begegnungen achten und verstärkt den humorvollen, rätselhaften Charakter der Erzählung.

Insgesamt kann man sagen, dass „Kuriose Geschichte“ eine humorvolle Erzählung von merkwürdigen Begegnungen ist, die die Leser dazu auffordert, die Erwartungen zu hinterfragen, die wir an bestimmte Rollen und Verhaltensweisen haben.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Kuriose Geschichte“ des Autors Robert Reinick. 1805 wurde Reinick in Danzig geboren. Im Zeitraum zwischen 1821 und 1852 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zugeordnet werden. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das 170 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Weitere Werke des Dichters Robert Reinick sind „Liebestreu“, „Sommernacht“ und „Die Ablösung“. Zum Autor des Gedichtes „Kuriose Geschichte“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 18 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Weitere Gedichte des Autors Robert Reinick (Infos zum Autor)

Zum Autor Robert Reinick sind auf abi-pur.de 18 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.