Weiß nicht, was noch kommen mag von Anna Ritter

Ein Rößlein hört' ich traben,
Da bin ich vom Schlafe erwacht.
Ich lauschte den fliehenden Hufen,
Mir war's, als hörte ich rufen
Meinen Namen bang durch die Nacht.
 
Im Frühlicht flogen zwei Raben
An meinem Fenster vorbei,
Sie hoben krächzend die Schwingen,
Noch lange hörte ich klingen
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Den rauhen, heiseren Schrei.
 
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Nun ist es Mittag geworden,
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Ein grauer, lichtloser Tag,
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Vom Turme hallen die Glocken,
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Ich stehe blaß und erschrocken,
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Weiß nicht, was noch kommen mag.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Weiß nicht, was noch kommen mag“

Autor
Anna Ritter
Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
15
Anzahl Wörter
76
Entstehungsjahr
1865 - 1921
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Weiß nicht, was noch kommen mag“ stammt von der Autorin Anna Ritter, die von 1865 bis 1921 lebte. Dementsprechend kann das Gedicht in die literarische Epoche des Realismus beziehungsweise Naturalismus eingeordnet werden, wobei Ritters Lyrik teilweise auch als Vorläuferin der expressionistischen Dichtung verstanden werden kann.

Beim ersten Lesen entsteht der Eindruck eines beklemmenden, bedrohlichen Szenarios. Solche Stimmungen sind typisch für die expressionistische Lyrik, die eine radikale Innenansicht der emotionalen und seelischen Zustände des lyrischen Ichs bietet.

Die Protagonistin wird durch Geräusche in der Nacht geweckt, hört Pferdehufe und meint, ihren eigenen Namen zu hören. Am Morgen sieht sie zwei Raben an ihrem Fenster vorbei fliegen. Deren raue Rufe hallen noch lange in ihr nach. Mittlerweile ist es Mittag und die Glocken läuten. Die Stimmung ist gedrückt und angstvoll.

Auf inhaltlicher Ebene scheint das lyrische Ich von einer unsicheren und beängstigenden Situation gequält zu sein, aus der heraus es furchtvoll die Zukunft erwartet. Die nächtlichen Geräusche, das Erscheinen der Raben und das Läuten der Glocken zu Mittag können als Vorzeichen oder Omen einer drohenden Gefahr oder eines kommenden Unheils interpretiert werden.

Formal ist das Gedicht in drei Strophen zu je fünf Versen gegliedert. Die Verse sind jambisch und weisen eine klare Reimstruktur auf (AABBA), was ihnen einen rhythmischen, fast liedhaften Charakter verleiht. In puncto Sprache sticht die einfache, bildhafte und klar verständliche Sprache hervor. Die Atmosphäre wird mittels naturnaher und alltäglicher Bilder (hufschlagendes Pferd, krächzende Raben, Glockenläuten) vermittelt, welche jedoch durch ihre mögliche Bedeutung als Omen eine unheimliche, bedrohliche Bedeutung bekommen.

Zusammenfassend kann man sagen, das Gedicht spielt mit der Ambivalenz zwischen Alltäglichkeit und Bedrohung und zeichnet das Bild einer unsicheren, ängstigenden Situation, aus der das lyrische Ich keinen Ausweg zu sehen scheint. Durch die einfache, klare Sprache und die rhythmische Form wird der Leser direkt in diese Stimmung hineingezogen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Weiß nicht, was noch kommen mag“ der Autorin Anna Ritter. Ritter wurde im Jahr 1865 in Coburg geboren. In der Zeit von 1881 bis 1921 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus oder Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit zugeordnet werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das 76 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 15 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Weitere Werke der Dichterin Anna Ritter sind „Freudlose Liebe“, „Wach auf mein Lieb“ und „Schlafe, ach, schlafe“. Zur Autorin des Gedichtes „Weiß nicht, was noch kommen mag“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 38 Gedichte vor.

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