Der Herbstwind rüttelt die Bäume von Heinrich Heine

Der Herbstwind rüttelt die Bäume,
Die Nacht ist feucht und kalt;
Gehüllt im grauen Mantel,
Reite ich einsam im Wald!
 
Und wie ich reite, so reiten
Mir die Gedanken voraus;
Sie tragen mich leicht und luftig
Nach meiner Liebsten Haus.
 
Die Hunde bellen, die Diener
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Erscheinen mit Kerzengeflirr;
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Die Wendeltreppe stürm’ ich
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Hinauf mit Sporengeklirr.
 
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Im leuchtenden Teppichgemache,
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Da ist es so duftig und warm,
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Da harret meiner die Holde –
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Ich fliege in ihren Arm.
 
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Es säuselt der Wind in den Blättern,
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Es spricht der Eichenbaum:
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Was willst du, thörichter Reiter,
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Mit deinem thörichten Traum?
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Der Herbstwind rüttelt die Bäume“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
95
Entstehungsjahr
1822–1823
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht stammt von Heinrich Heine, einem der bedeutendsten deutschen Dichter des 19. Jahrhunderts. Er war einer der Hauptvertreter der literarischen Romantik, bevor er sich später davon distanzierte und einem realistischeren Stil zuwandte. Das hier vorgelegte Gedicht ist typisch für die Romantik und für Heine.

„Der Herbstwind rüttelt die Bäume“ versetzt den Leser sofort in eine melancholische, herbstliche Landschaft. Heine porträtiert eine nachdenkliche, einsame Figur auf einem Pferd im Wald und schafft so ein Bild von Einsamkeit und Sehnsucht. Die Nacht ist kalt und feucht, ein Spiegelbild der inneren Verfassung der Hauptfigur.

Im Verlauf des Gedichts entdeckt man, dass der Reiter in Gedanken zu seiner Geliebten reitet. Diese Flucht in die Vorstellung steht in starkem Kontrast zur Realität der kalten, feuchten Herbstnacht. Der Held erhofft sich in seiner Fantasie eine warme, liebevolle Begrüßung im Hause seiner Geliebten. Dieser Traum wird jedoch durch die letzte Strophe unterbrochen.

Die Form des Gedichts ist durch vierzeilige Strophen geprägt. Die klare, einfache Sprache und der gut strukturierte Rhythmus machen das Gedicht zugänglich und gut lesbar. Heine verwendet konkrete, bildhafte Sprache, um das innere Erleben des lyrischen Ichs zu vermitteln. Die letzte Strophe bricht mit der romantischen Vorstellung des Reiters und führt ihn zurück in die Realität. Der Eichenbaum - eine weitere Personifikation des Herbstes - nennt sowohl den Reiter als auch seinen Traum töricht.

Insgesamt zeigt Heine in diesem Gedicht eine typisch romantische Sehnsucht und die Flucht vor der Realität in eine idealisierte Vorstellung. Doch auch die desillusionierende Rückkehr in die Realität ist ein Element, das in Heines Werk immer wieder auftaucht. Es spiegelt Heines ambivalente Haltung gegenüber der Romantik wider - einerseits die Sehnsucht und das Streben nach dem Absoluten, andererseits die scharfe Kritik und die Erkenntnis, dass diese Träume oftmals unerreichbar bleiben.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Herbstwind rüttelt die Bäume“ des Autors Heinrich Heine. Der Autor Heinrich Heine wurde 1797 in Düsseldorf geboren. 1823 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Hamburg. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Junges Deutschland & Vormärz zu. Heine ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 95 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 20 Versen. Die Gedichte „Ach, wenn ich nur der Schemel wär’“, „Ahnung“ und „Allnächtlich im Traume seh’ ich dich“ sind weitere Werke des Autors Heinrich Heine. Zum Autor des Gedichtes „Der Herbstwind rüttelt die Bäume“ haben wir auf abi-pur.de weitere 535 Gedichte veröffentlicht.

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