Der Nebenbuhler von Hugo Salus

So eine kleine Frau, wie keusch sie sei,
Was Gefähliches ist doch immer dabei!
Aus ihrer Seele geheimstem Grunde
Sprach meine heute mit ruhigem Munde:
?Wenn Goethe noch lebte in unseren Tagen,
Goethe könnte ich nichts versagen:
Er ist so herrlich, so über die Maßen,
Möcht' mich in Demut ihm überlassen,
Möcht' gar nicht denken, so er mich wollte,
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Ob ich sollte oder nicht sollte,
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Ich wär sein, vom Herzen sein."
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So sprach sie sich in die Verzückung hinein,
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Indes ich armer, betrogener Gatte
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Meine neidische, dunkle Minute hatte.
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Dann aber seufzte ich vor mich hin:
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?Heil mir, daß ich ein Enkel bin!"
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Der Nebenbuhler“

Autor
Hugo Salus
Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
103
Entstehungsjahr
1866 - 1929
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht stammt von dem tschechischen Schriftsteller Hugo Salus, der von 1866 bis 1929 lebte. Es ist dementsprechend in die literarische Epoche der Moderne einzuordnen, genauer in den Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert.

Das Gedicht macht auf den ersten Blick einen humorvollen, sogar ironischen Eindruck. Es erzählt die Geschichte eines Mannes, dessen Frau von der Bewunderung für den großen Dichter Johann Wolfgang von Goethe überwältigt ist.

Auf einfache Weise ausgedrückt, konfrontiert das lyrische Ich, wahrscheinlich der Ehemann der besagten Frau, den Leser zunächst mit der Aussage, dass auch die keuscheste Frau ihre gefährlichen Seiten hat. Er präsentiert eine Äußerung seiner Frau, die zutiefst beeindruckt von Goethe ist und dazu neigt, sich ihm bedingungslos zu ergeben, sollte er noch am Leben und an ihr interessiert sein. Der Ehemann bemerkt seine Eifersucht und sein Unwohlsein, während seine Frau sich in ihrer Begeisterung für Goethe verliert, doch das Gedicht endet mit einer prickelnden Pointe: Da Goethe schon lange tot ist, hat der Ehemann keinen Grund zur Eifersucht.

Sprachlich fallen vor allem die klare, einfache Ausdrucksweise und der verzicht auf komplizierte Metaphern oder Symbolik auf. Dies unterstützt die humorvolle, unbeschwerte Stimmung des Gedichts. Darüber hinaus wird durch den abrupten Wechsel von der romantischen Verzückung der Frau zur Besorgnis des Mannes eine komische Wirkung erzeugt.

Formal besteht das Gedicht aus 16 Versen, die in freie Rhythmen geteilt sind. Der Reim ist unregelmäßig und scheint keine klare Struktur zu haben, was das unvorhersehbare und humorvolle Element des Inhalts unterstreicht.

Insgesamt ist das Gedicht eine humorvolle Betrachtung des Themas Eifersucht und Bewunderung, wobei das lyrische Ich durch seine selbsteinsichtige Betrachtungsweise Sympathie erweckt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Der Nebenbuhler“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Hugo Salus. 1866 wurde Salus in Böhmisch-Leipa geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1882 und 1929. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus oder Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit zu. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das Gedicht besteht aus 16 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 103 Worte. Weitere Werke des Dichters Hugo Salus sind „Zug des Schicksals“, „Reue“ und „Ewige Treue“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der Nebenbuhler“ weitere 11 Gedichte vor.

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