Der Hauskobold von Heinrich Kämpchen

Schon Jahre dient der Hauskobold
Dem Brenkenbauer treu und hold.
In Haus und Hof, in Wald und Feld
Ist alles gut und wohlbestellt.
Freiwillig übt der Wicht die Fron
Um einen winzig kleinen Lohn,
Den ihm der Bauer zahlt in bar:
Ein Hellerlein das ganze Jahr. –
Dabei kann man nicht stattlich geh’n
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Und Putz und Kleidertand ersteh’n –
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Sein Wämschen ist schon arg geflickt,
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Sein Hütchen schäbig und zerknickt,
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Und auch das Höschen nicht mehr nett
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Und ganz gebräunt von Schmutz und Fett. –
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Da denkt der Bauer, der dies sah
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Von ungefähr: „Wie helf’ ich da? –
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So fleißig ist der brave Wicht
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Und doch so arm – das will ich nicht.
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Er soll nicht schmähen unsern Stand,
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Ich kaufe ihm ein neu Gewand –
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Das wird den Kleinen baß erfreu’n
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Und meinem Hofe bringt’s Gedeih’n.“
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Gesagt, getan – der Bauer hat
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Das Kleid geholt sich aus der Stadt –
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Ein Wämschen und ein Höschen nett,
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Dazu ein Hütchen ganz adrett,
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Und auch zwei Schühlein er erstand –
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Vier Batzen kostet wohl der Tand. –
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Und nun – ganz heimlich muß es sein –
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Bringt er den Staat zum Stall herein,
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Wo nächtens gern der Kobold haust,
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Den Pferden Schweif und Mähne kraust,
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Sie putzt und striegelt blank und schön,
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Im Stall muß er den Anzug seh’n. –
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So hat’s der Bauer dann vollbracht
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Und – wie er’s meinet – klug gemacht –
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Doch leider täuschte damit hier
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Der brave Mann sich gröblich schier,
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Und war die Absicht noch so gut,
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Die Tat, sie machte böses Blut. –
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Kaum hat der Wicht das Kleid geseh’n,
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So denkt er sich: „Nun muß ich geh’n,
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Dies ist zur Reise Rock und Hut,
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Dem Bauer bin ich nicht mehr gut –
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Er wünscht mich fort – so mag’s drum sein“ –
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Und traurig schickt er sich darein,
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Zieht langsam Wams und Höschen an
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Und wandert seines Weges dann
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Weit ab vom Hof, fort aus dem Gau
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So kündet’s uns die Sage grau –
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Wer weiß, wohin er wohl entwich –
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Der Bauer aber härmte sich. –
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.3 KB)

Details zum Gedicht „Der Hauskobold“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
52
Anzahl Wörter
334
Entstehungsjahr
1909
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Hauskobold“ wurde von Heinrich Kämpchen verfasst, einem deutschen Schriftsteller, der von 1847 bis 1912 lebte. Das Gedicht kann daher in die Epoche des Realismus eingordnet werden, die von 1848 bis um 1890 andauerte.

Der erste Eindruck des Gedichts offenbart eine erzählerische, einfache und detailreiche Sprache, welche die Darstellung einer Geschichte über einen Hauskobold und einen Bauer betont. Die Geschichte, die mit einer gewissen Leichtigkeit und Humor erzählt wird, hat aber auch eine traurige Wendung.

Vom Inhalt her dient ein Hauskobold einem Bauern namens Brenkenbauer treu und fleißig. Obwohl der Lohn des Kobolds minimal ist, führt er seine Aufgaben mit Freude aus. Beobachtend, dass das Wämschen, Hütchen und Höschen des Kobolds schlecht zugerichtet sind, entscheidet der Bauer, ihm neues Gewand zu schenken. Er tut das nicht nur aus Mitgefühl sondern auch, weil er glaubt, dass dies seinem Hof Gedeihen bringen wird. Der Bauer macht diesen Plan privat und lässt das neue Gewand im Stall, wo der Kobold gerne seine Zeit verbringt.

Aber alles läuft anders, als der Bauer dachte. Der Kobold glaubt, dass das neue Gewand ein Zeichen dafür ist, dass der Bauer ihn nicht mehr braucht und sieht es als ein Zeichen zum Aufbruch an. Also zieht er das neue Gewand an und verlässt traurig den Hof, den Bauer und die Umgebung. Zurück bleibt ein Bauer, der seine ungewollte Botschaft bereut.

In Bezug auf Form und Sprache zeigt das Gedicht den typischen Charakter der Erzähldichtung. Die gleiche Anzahl von Stichen in den Versen sowie der einfache Reim lassen auf eine strenge Form schließen. Die Sprache ist direkt und unkompliziert, was die Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Geschichte erhöht. Der Autor verwendet auch bestimmte Begriffe, wie „Wämschen“, „Hütchen“, „Wicht“ und „Hof“, um ein bestimmtes Bild dieses Kontextes zu erzeugen.

Zusammenfassend ist das Gedicht „Der Hauskobold“ eine erzählerische Darstellung einer geregelten Hofordnung, die durch das Missverstehen einer gut gemeinten Geste gestört wird. Es zeigt, dass gute Absichten manchmal zu unbeabsichtigten Folgen führen können.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Der Hauskobold“ ist Heinrich Kämpchen. Geboren wurde Kämpchen im Jahr 1847 in Altendorf an der Ruhr. Das Gedicht ist im Jahr 1909 entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Bochum. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Moderne kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das 334 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 52 Versen mit nur einer Strophe. Heinrich Kämpchen ist auch der Autor für Gedichte wie „Am Grabe der Mutter“, „Am Kochbrunnen in Wiesbaden“ und „Am Marienbrönnlein“. Zum Autor des Gedichtes „Der Hauskobold“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 165 Gedichte vor.

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