Der Gott der Jugend von Johann Christian Friedrich Hölderlin

Gehn dir im Dämmerlichte,
Wenn in der Sommernacht
Für selige Gesichte
Dein liebend Auge wacht,
Noch oft der Freunde Manen
Und, wie der Sterne Chor,
Die Geister der Titanen
Des Alterthums empor;
 
Wird da, wo sich im Schönen
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Das Göttliche verhüllt,
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Noch oft das tiefe Sehnen
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Der Liebe dir gestillt;
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Belohnt des Herzens Mühen
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Der Ruhe Vorgefühl,
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Und tönt von Melodieen
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Der Seele Saitenspiel;
 
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So such’ im stillsten Thale
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Den blüthenreichsten Hain,
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Und gieß’ aus goldner Schaale
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Den frohen Opferwein!
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Noch lächelt unveraltet
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Des Herzens Frühling dir,
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Der Gott der Jugend waltet
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Noch über dir und mir.
 
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Wie unter Tiburs Bäumen,
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Wenn da der Dichter saß,
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Und unter Götterträumen
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Der Jahre Flucht vergaß,
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Wenn ihn die Ulme kühlte,
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Und wenn sie stolz und froh
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Um Silberblüthen spielte,
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Die Flut des Anio;
 
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Und wie um Platons Hallen,
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Wenn durch der Haine Grün,
 
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Begrüßt von Nachtigallen,
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Der Stern der Liebe schien,
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Wenn alle Lüfte schliefen,
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Und, sanft bewegt vom Schwan,
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Cephisus durch Oliven
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Und Myrtensträuche rann;
 
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So schön ist’s noch hienieden!
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Auch unser Herz erfuhr
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Das Leben und den Frieden
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Der freundlichen Natur;
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Noch blüht des Himmels Schöne,
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Noch mischen brüderlich
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In unsers Herzens Töne
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Des Frühlings Laute sich.
 
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Drum such’ im stillsten Thale
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Den düftereichsten Hain,
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Und gieß’ aus goldner Schaale
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Den frohen Opferwein,
 
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Noch lächelt unveraltet
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Das Bild der Erde dir,
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Der Gott der Jugend waltet
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Noch über dir und mir.
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HÖLDERLIN.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (28.4 KB)

Details zum Gedicht „Der Gott der Jugend“

Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
57
Anzahl Wörter
233
Entstehungsjahr
1796
Epoche
Klassik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht trägt den Titel „Der Gott der Jugend“ und wurde von Johann Christian Friedrich Hölderlin verfasst, einem bedeutenden deutschen Dichter der Romantik. Hölderlin lebte von 1770 bis 1843, daher lässt sich das Gedicht zeitlich der Epoche der Romantik (ca. 1795–1835) zuordnen.

Beim ersten Eindruck scheint das Gedicht den Zauber der Jugend und die damit verbundene Reinheit und Unschuld zu besingen. Es vermittelt eine Atmosphäre von Harmonie und Schönheit und führt den Leser auf eine mystische und seelische Reise.

Die lyrische Stimme spricht im Gedicht vom nächtlichen Erwachen und den Geistern der Vergangenheit. Dabei wird die Frage gestellt, ob in der Schönheit der göttlichen Natur das innere Sehnen und die Liebe gestillt werden kann. Die Gedanken im Gedicht kreisen um Themen wie Jugend, Natur, Liebe und Sehnsucht. Sie laden den Leser ein, im stillen Tal den blühenden Wald und die goldenen Opferschalen zu suchen, denn der Gott der Jugend herrscht noch über uns.

Das Gedicht ist in gereimte Verse geschrieben und weist verschiedene Strophen auf. In der Sprache und Wortwahl spiegelt sich typisch für Hölderlin und die Romantik eine tiefe Naturverbundenheit und die Hinwendung zum Mystischen und Transzendenten wider. So nutzt Hölderlin Worte wie „Dämmerlicht“, „Sommernacht“, „Sterne“ und „Altertum“ und erzeugt damit eine sehr romantische und gefühlsbetonte Stimmung.

Die Form und Sprache des Gedichts sind sehr rhythmisch und melodisch, was die lyrische und besinnliche Stimmung zusätzlich hervorhebt. Es finden sich viele Sinnbilder und Metaphern, besonders aus der Natur, was ebenfalls für die Romantik typisch ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Hölderlin mit „Der Gott der Jugend“ ein Gedicht geschaffen hat, dass den Leser in eine Welt der Romantik und Mystik entführt. Es ist eine Hommage an die Jugend und die Schönheit der Natur, die das innere Sehnen nach Liebe und Frieden stillen kann.

Weitere Informationen

Johann Christian Friedrich Hölderlin ist der Autor des Gedichtes „Der Gott der Jugend“. Hölderlin wurde im Jahr 1770 in Lauffen am Neckar geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1796 zurück. Neustrelitz ist der Erscheinungsort des Textes. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Klassik zugeordnet werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das Gedicht besteht aus 57 Versen mit insgesamt 9 Strophen und umfasst dabei 233 Worte. Weitere Werke des Dichters Johann Christian Friedrich Hölderlin sind „Das Unverzeihliche“, „Dem Genius der Kühnheit“ und „Der Winkel von Hahrdt“. Zum Autor des Gedichtes „Der Gott der Jugend“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 181 Gedichte vor.

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