An Psychidion von Ernst Moritz Arndt

Psyche Psychidion, mein süßes Seelchen,
Himmlisches Vöglein mit den goldnen Flügeln,
Locket der Lenz dich wieder in die Freude?
Lockt dich die Liebe?
 
Locket dich mehr als Lenz und mehr als Liebe,
Wie sie im Staub des Erdentals gehört wird?
Lockt dich die Sehnsucht wieder zu der Heimat
Sel'gen Gespielen?
 
Hin, wo das Heilige tönt um den, der war, ist,
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Sein wird, des Name Liebe klingt und Freude,
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Welcher die Seelen ausgoß aus der Urne,
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Ausgoß die Sterne?
 
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Laß sie dich locken, laß die Engelflügel
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Klingen zum Äther, alter Götterheimat,
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Daß du uns unten das von oben deutest,
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Himmlische Träume;
 
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Daß du uns lehrst, warum die Demut droben
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Lieblingin Gottes, herrscht vor hohen Thronen,
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Was in der Unschuld schweigt und was in holder
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Scham sich verhüllet.
 
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Aber fliege nicht von uns, süßer Vogel,
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Komm zu der Erde grünen Fluren wieder,
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Damit auch wir, was auf den Sternen wandelt,
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Hoffen und sehnen.
 
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Psyche Psychidion, mein süßes Seelchen,
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Himmlisches Vöglein mit den goldnen Flügeln,
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Möge liebende Sehnsucht nie dich lassen!
28 
Liebender Wahn nie!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.1 KB)

Details zum Gedicht „An Psychidion“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
171
Entstehungsjahr
1811
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Das hier vorliegende Gedicht „An Psychidion“ stammt von Ernst Moritz Arndt, der von 1769 bis 1860 lebte. Arndt wurde in der Zeit des Sturm und Drang und der Weimarer Klassik geboren und überlebte bis in die Epoche des Realismus, wobei er selbst am ehesten der Weimarer Klassik und der Biedermeier-Epoche zugeordnet wird.

Der erste Eindruck ist geprägt von der liebevollen Anrede Arndts an „Psychidion“, ein als „Himmlisches Vöglein“ beschriebenes Wesen. Es wird ein Gefühl von Sehnsucht, Liebe und Hoffnung vermittelt und die lyrische Stimme versucht, das Wesen zur Rückkehr auf die Erde zu bewegen.

Das Gedicht beginnt und endet mit den gleichen beiden Versen, was einen Kreislauf andeutet. Der Inhalt dreht sich um das „Psychidion“, welches als symbolische Darstellung der Seele oder des Geistes verstanden werden kann. Es gibt Hinweise auf das Streben nach Spiritualität, nach dem Göttlichen und Unbekannten, symbolisiert durch die Erwähnung von Sternen, Göttern und Engeln. Es wird das Dilemma dargestellt, dass die Seele oder der Geist einerseits nach Höherem strebt und sich zu den Sternen hinzieht, andererseits jedoch auch auf der Erde gebraucht wird.

Formal weist das Gedicht eine geregelte Struktur auf. Es besteht aus sieben gleich langen Strophen zu je vier Versen. Die Verse sind durchgehend jambisch und überwiegend kreuzgereimt.

Die Sprache des Gedichts ist geprägt von einer deutlichen Bildlichkeit und Symbolik. Die Verwendung von Bildern wie dem „goldnen Flügeln“ oder „hohen Thronen“ steigert die Ausdruckskraft und Emotionalität des Gedichts und die des „Psychidion“ als „süßer Vogel“, verdeutlicht die Zuneigung des lyrischen Ichs zu diesem. Es sind viele Anspielungen und Referenzen enthalten, die auf Glaubensinhalte und spirituelle Vorstellungen hinweisen, darunter „Götterheimat“, „Engelflügel“ und „holder Scham“.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Arndts „An Psychidion“ ein Gefühl von Sehnsucht und Zerrissenheit zwischen Himmel und Erde evoziert und auf lyrische Weise die Spannung zwischen irdischen und himmlischen Bestrebungen darstellt. Es ist ein Bild von dem ewigen Streben der Menschenseele nach dem Göttlichen und Unbekannten, der Wärme und Zuneigung gegenüber der Welt und der Notwendigkeit des Bleibens in dieser.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „An Psychidion“ des Autors Ernst Moritz Arndt. Der Autor Ernst Moritz Arndt wurde 1769 in Groß Schoritz (Rügen) geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1811. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Klassik oder Romantik zuordnen. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das 171 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Ernst Moritz Arndt sind „Elegie“, „Die Biene und der Lenz“ und „Leben“. Zum Autor des Gedichtes „An Psychidion“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 285 Gedichte vor.

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