Ein Liebesbrief aus alten Tagen von Julius Karl Reinhold Sturm

Wie doch so gern ich mich vertiefe
In meiner Jugend ferne Zeit!
Da sitz' ich wieder, lese Briefe,
Die ich der Flamme nicht geweiht,
Weil eine Hand sie zierlich schrieb,
Die mir wie keine andre lieb.
 
Kaum daß ich diese Blätter lüfte,
Die tief im sichern Schrein geruht,
Weht es mich an wie Frühlingsdüfte,
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Und märchenhaft wird mir zu Mut;
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Es weht um mich ein süßer Traum,
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Und mir entschwinden Zeit und Raum.
 
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Da knarrt die Tür; ich hör' sie gehen,
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An die ich eben jetzt gedacht;
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Sie schleicht sich näher auf den Zehen,
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Denn ihre Neugier ist erwacht;
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Sie liest und atmet plötzlich tief
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Und ruft erstaunt: ?Ein Liebesbrief!
 
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Ein Liebesbrief aus alten Tagen!
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Gestehe mir, wer dir ihn schrieb."
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Da blickt' ich auf. ?Wie magst du fragen?
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Es schrieb ihn mir mein einzig Lieb.
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'S ist freilich lange Jahre her;
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Kennst du die eigne Schrift nicht mehr?
 
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Lies nur, mit welchen süßen Namen
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Du hier auf diesem Blatt mich nennst.
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Ob du wohl jetzt mit Ja und Amen
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Dich zu dem Inhalt noch bekennst?"
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Sie sprach und sah mich schelmisch an:
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?Von ganzem Herzen – dann und wann."
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.1 KB)

Details zum Gedicht „Ein Liebesbrief aus alten Tagen“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
190
Entstehungsjahr
1816 - 1896
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Ein Liebesbrief aus alten Tagen“ wurde von Julius Karl Reinhold Sturm verfasst. Es handelt sich dabei um einen Dichter des 19. Jahrhunderts, genauer gesagt aus der Biedermeier-Epoche, die durch eine romantische und sehr persönliche, sentimentale Poesie gekennzeichnet ist.

Beim ersten Lesen entsteht der Eindruck einer nostalgischen Betrachtung der Vergangenheit. Das lyrische Ich beschäftigt sich mit Erinnerungen und vertieft sich gerne darin. Der Inhalt des Gedichts betrifft einen alten Liebesbrief, der vom lyrischen Ich aufbewahrt und erneut gelesen wird. Dabei scheint es, als würde das Lesen des Briefes eine Zeitreise in die Vergangenheit auslösen, in der die alten Gefühle von damals wieder präsent werden.

Das lyrische Ich analysiert seine Gefühle und die Emotionen, die durch die Lektüre des alten Briefes hervorgerufen werden. Es kommt zu einer Überraschung, als sich herausstellt, dass die Frau, von der dieser Brief stammen könnte, tatsächlich noch im Leben des lyrischen Ichs präsent ist. Die letzte Strophe enthüllt, dass der Brief, obwohl er zugleich eine Reliquie der Vergangenheit ist, immer noch Relevanz in der Gegenwart hat.

Das Gedicht ist in fünf gleich aufgebaute Strophen unterteilt, jede Strophe besteht aus sechs Versen. Es verwendet eine einfache, leicht verständliche Sprache und nutzt dennoch Metaphern und Vergleiche, um die Empfindungen und Reaktionen des lyrischen Ichs zu beschreiben. Besonders durch den Wechsel von Vergangenheit und Gegenwart in Verbindung mit der Konfrontation zwischen dem lyrischen Ich und der geliebten Person wird eine Spannung aufgebaut, die den Leser fesselt. Zudem schafft es der Dichter durch die leichte Ironie in der letzten Strophe dem Ganzen eine humorvolle Note zu verleihen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Ein Liebesbrief aus alten Tagen“ des Autors Julius Karl Reinhold Sturm. Sturm wurde im Jahr 1816 in Bad Köstritz geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1832 und 1896. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zu. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das 190 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 30 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Julius Karl Reinhold Sturm sind „Mir träumte“, „Meerleuchten“ und „Der Pendel“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Ein Liebesbrief aus alten Tagen“ weitere 27 Gedichte vor.

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