Nacht von Ludwig Tieck

Im Windsgeräusch, in stiller Nacht
geht dort ein Wandersmann,
er seufzt und weint und schleicht so sacht
und ruft die Sterne an.
Mein Busen pocht, mein Herz ist schwer,
in stiller Einsamkeit,
mir unbekannt, wohin, woher
durchwandl' ich Freud und Leid,
Ihr kleinen goldnen Sterne,
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ihr bleibt mir ewig ferne,
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ferne! ferne!
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und ach, ich vertraut euch so gerne!
 
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Da klingt es plötzlich um ihn her,
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und heller wird die Nacht,
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schon fühlt er nicht sein Herz so schwer,
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er dünkt sich neu erwacht:
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O Mensch, du bist uns fern und nah,
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doch einsam bist du nicht,
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vertrau uns nur, dein Auge sah
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oft unser stilles Licht,
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Wir kleinen goldnen Sterne
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sind dir nicht ewig ferne,
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gerne, gerne
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gedenken ja deiner die Sterne!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Nacht“

Autor
Ludwig Tieck
Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
123
Entstehungsjahr
1773 - 1853
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Ludwig Tiecks Gedicht „Nacht“ thematisiert den heilsamen Einfluss der Natur auf das Gemüt des Menschen. Das lyrische Ich des Gedichtes schleicht als Wandersmann in der stillen Nacht durch die Landschaft und seufzt und weint. Es ist einsam und fühlt sich vom Glanz der Sterne entfremdet. Die einsamen Sterne stehen für das Unerkennbare und das Unerreichbare. Doch dann erklingt plötzlich ein vertrautes Geräusch und das lyrische Ich erkennt, dass es nicht allein ist und nicht völlig für sich allein steht. Es stellt fest, dass die Sterne ihm nicht ewig fern sind und es wieder Hoffnung verspürt.

Damit möchte Tieck aufzeigen, dass die Natur, insbesondere die Nacht, ein heilsamer Ort für den Menschen ist, da sie uns ein Gefühl von Verbundenheit und Geborgenheit vermittelt. Er möchte uns dazu aufrufen, uns in der Natur zu verlieren, sie wahrzunehmen und uns auf die kleinen Dinge zu konzentrieren. Im Kontrast zur manchmal überwältigenden, bedrohlichen Welt draußen kann uns die Natur anleiten, uns heilen und uns dazu bewegen, uns geborgen und verbunden zu fühlen. Indem wir uns in die Natur flüchten, können wir uns selbst und den anderen wieder näher kommen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Nacht“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Ludwig Tieck. Geboren wurde Tieck im Jahr 1773 in Berlin. Im Zeitraum zwischen 1789 und 1853 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Romantik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Tieck ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Der Romantik vorausgegangen waren die Epochen der Weimarer Klassik und der Aufklärung. Die Literaturepoche der Romantik ist zeitlich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein einzuordnen. Besonders auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Literatur und der Musik hatte diese Epoche Auswirkungen. Die Literatur der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Schriftstellern der Romantik zuwider. Sie stellten sich in ihren Werken gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. Als Merkmale der Romantik sind die Verklärung des Mittelalters, die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen zu benennen. Wichtige Symbole der Romantik sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und gedanklicher Klarheit, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unendlich. Zwar baut sie dabei auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.

Das 123 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 2 Strophen. Der Dichter Ludwig Tieck ist auch der Autor für Gedichte wie „Der Abend sinkt hernieder“, „Wohlauf! es ruft der Sonnenschein“ und „Wohl dem Manne, der in der Stille“. Zum Autor des Gedichtes „Nacht“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 18 Gedichte vor.

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