Der Geist von Wilhelm Busch

Es war ein Mägdlein froh und keck,
Stets lacht ihr Rosenmund,
Ihr schien die Liebe Lebenszweck
Und alles andre Schund.
 
Sie denkt an nichts als an Pläsier,
Seitdem die Mutter tot,
Sie lacht und liebt, obgleich es ihr
Der Vater oft verbot.
 
Einst hat sie frech und unbedacht
10 
Den Schatz, der ihr gefällt,
11 
Sich für die Zeit um Mitternacht
12 
Zum Kirchhof hinbestellt.
 
13 
Und als sie kam zum Stelldichein,
14 
O hört, was sich begab,
15 
Da stand ein Geist im Mondenschein
16 
Auf ihrer Mutter Grab.
 
17 
Er steht so starr, er steht so stumm,
18 
Er blickt so kummervoll.
19 
Das Mägdlein dreht sich schaudernd um
20 
Und rennt nach Haus wie toll.
 
21 
Es wird, wer einen Geist gesehn,
22 
Nie mehr des Lebens froh,
23 
Er fühlt, es ist um ihn geschehn.
24 
Dem Mägdlein ging es so.
 
25 
Sie welkt dahin, sie will und mag
26 
Nicht mehr zu Spiel und Tanz.
27 
Man flocht ihr um Johannistag
28 
Bereits den Totenkranz.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.8 KB)

Details zum Gedicht „Der Geist“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
151
Entstehungsjahr
nach 1848
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Geist“ wurde von Wilhelm Busch geschrieben, einem deutschen Dichter und Zeichner, der von 1832 bis 1908 lebte. Damit lässt sich das Werk zeitlich in die Epoche des Realismus (1848–1890) einordnen.

Das Gedicht beschreibt zunächst die fröhliche und sorglose Natur eines jungen Mädchens, das die Liebe als wesentlichen Lebensinhalt betrachtet und alle anderen Dinge als unwichtig ansieht. Nach dem Tod ihrer Mutter scheint das Mädchen auf ihre Erziehung zu verzichten und nach Vergnügen zu suchen, sehr zum Missfallen ihres Vaters.

In einem unbedachten Moment arrangiert sie ein Mitternachtstreffen mit ihrem Liebhaber auf dem Friedhof. Dort, im Schein des Mondes, begegnet sie einer Geistererscheinung auf dem Grab ihrer Mutter. Diese Erfahrung schüchtert das Mädchen ein und versetzt es in Angst und Schrecken. Nach dieser Begegnung ändert sich ihre Art: Sie wird blass und nimmt nicht mehr an Freuden des Lebens teil, bis sie schließlich stirbt.

Das lyrische Ich in diesem Gedicht scheint eine moralisierende Rolle zu spielen. Es zeigt die Konsequenzen auf, die das Mädchen für ihren Mangel an Respekt und ihre Nachlässigkeit zahlen muss. Es scheint eine moralische Lektion zu vermitteln: Die Vernachlässigung von Pflichten und die Unachtsamkeit gegenüber den Folgen der eigenen Handlungen können schwerwiegende Konsequenzen haben.

Zur Form des Gedichts: Es besteht aus sieben Strophen mit jeweils vier Versen. Das Reimschema ist streng durchgehalten (Kreuzreim: abab). Die Sprache des Gedichts ist einfach und unkompliziert, was eine klare Botschaft vermittelt. Es ist jedoch beachtenswert, wie Busch mit Bildern und Metaphern arbeitet, um sowohl das fröhliche und sorglose Verhalten des Mädchens als auch die düstere und unheimliche Atmosphäre der Geisterbegegnung darzustellen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Der Geist“ von Wilhelm Busch ein moralisierendes Gedicht ist, das durch eine einfache Sprache und eine klare Struktur den Leser zur Reflexion über die Konsequenzen des eigenen Handelns anregt. Mit übersinnlichen Elementen schafft er eine dichte Atmosphäre und steigert so die Wirkung seiner Botschaft.

Weitere Informationen

Wilhelm Busch ist der Autor des Gedichtes „Der Geist“. Im Jahr 1832 wurde Busch in Wiedensahl geboren. In der Zeit von 1848 bis 1908 ist das Gedicht entstanden. Wiesbaden u. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das vorliegende Gedicht umfasst 151 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 28 Versen. Wilhelm Busch ist auch der Autor für Gedichte wie „Bedächtig“, „Befriedigt“ und „Beiderseits“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der Geist“ weitere 208 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Wilhelm Busch

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Wilhelm Busch und seinem Gedicht „Der Geist“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Wilhelm Busch (Infos zum Autor)

Zum Autor Wilhelm Busch sind auf abi-pur.de 208 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.