Die Nonne von Ludwig Uhland

Im stillen Klostergarten
Eine bleiche Jungfrau ging;
Der Mond beschien sie trübe,
An ihrer Wimper hing
Die Träne zarter Liebe.
 
?O wohl mir, daß gestorben
Der treue Buhle mein!
Ich darf ihn wieder lieben:
Er wird ein Engel sein,
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Und Engel darf ich lieben."
 
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Sie trat mit zagem Schritte
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Wohl zum Mariabild;
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Es stand in lichtem Scheine,
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Es sah so muttermild
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Herunter auf die Reine.
 
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Sie sank zu seinen Füßen,
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Sah auf mit Himmelsruh',
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Bis ihre Augenlider
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Im Tode fielen zu;
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Ihr Schleier wallte nieder.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Die Nonne“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
85
Entstehungsjahr
1787 - 1862
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Nonne“ wurde von Ludwig Uhland geschrieben, einem deutschen Dichter, der im 19. Jahrhundert wirkte. Die Zeitspanne seines Schaffens fällt in die Epoche der Romantik, welche von einem Hang zum Mystischen und einem starken Fokus auf Gefühle geprägt ist.

Beim ersten Durchlesen provoziert das Gedicht einen melancholischen und traurigen Eindruck. Die Stimmung ist ruhig, fast friedlich, aber definitiv getrübt durch den Tod und die Trauer, die das lyrische Ich umgibt.

Inhaltlich erzählt das Gedicht die Geschichte einer Nonne, die in einem stillen Klostergarten trauert. Ihre Tränen sind aufgrund der zarten Liebe, die sie für ihren verstorbenen Liebhaber empfindet. Sie tröstet sich selbst mit dem Gedanken, dass sie ihn als Engel wieder lieben darf. Sie betet vor einem Mariabild und stirbt schließlich friedlich und ruhig.

Die Hauptnachricht des Gedichts scheint zu sein, dass Liebe und Trauer immens starke Emotionen sind, die nicht aufgehoben oder ignoriert werden können - selbst nicht durch ein Leben in religiöser Abgeschiedenheit. Das lyrische Ich verwendet den Tod ihres Geliebten und ihren religiösen Glauben, um ihre eigene Liebe zu rechtfertigen und mit ihrem Verlust umzugehen.

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen mit jeweils fünf Versen. Die Sprache ist einfach, aber poetisch, charakteristisch für Ludwig Uhland und die Romantik im Allgemeinen. Die Emotionen des lyrischen Ichs werden durch poetische Mittel wie Metaphern und Symbole, etwa den bleichen Mond, die Träne, den Engel oder das Mariabild, dargestellt und intensiviert. Der Rhythmus und Reim des Gedichts unterstützen die ruhige, aber emotional geladene Atmosphäre. Einige sprachliche Bilder wie „Die Träne zarter Liebe“ oder „Sie sank zu seinen Füßen“ erzeugen starke seelische Bilder und laden zur tiefen Nachempfindung ein.

Schließlich liefert dieses Gedicht einen Einblick in die romantischen Auffassungen von Liebe, Tod und Religion und zeigt, wie diese Themen oft miteinander verwebt wurden.

Weitere Informationen

Ludwig Uhland ist der Autor des Gedichtes „Die Nonne“. Geboren wurde Uhland im Jahr 1787 in Tübingen. Im Zeitraum zwischen 1803 und 1862 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Bei Uhland handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine Epoche der Kulturgeschichte, zeitlich anzusiedeln vom späten 18. Jahrhundert bis spät in das 19. Jahrhundert hinein. Auf die Literatur bezogen: von 1795 bis 1848. Sie hatte Auswirkungen auf Literatur, Kunst, Musik und Philosophie jener Zeit. Die Literaturepoche wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die damalige Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Romantikern zuwider. Sie stellten sich in ihren Schriften gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. Wesentliche Motive in der Lyrik der Romantik sind die Ferne und Sehnsucht sowie das Gefühl der Heimatlosigkeit. Weitere Motive sind das Fernweh, das Nachtmotiv oder die Todessehnsucht. So symbolisierte die Nacht nicht nur die Dunkelheit, sondern auch das Mysteriöse, Geheimnisvolle und galt als Ursprung der Liebe. Merkmale der Romantik sind die Hinwendung zur Natur, die Weltflucht oder der Rückzug in Traumwelten. Insbesondere ist aber auch die Idealisierung des Mittelalters aufzuzeigen. Architektur und Kunst des Mittelalters wurden von den Vertretern der Romantik wieder geschätzt. Die äußere Form von romantischer Dichtung ist völlig offen. Kein festgesetztes Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits direkt nach Erscheinen wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 85 Worte. Weitere Werke des Dichters Ludwig Uhland sind „Der König auf dem Thurme“, „Des Sängers Fluch“ und „Die Kapelle“. Zum Autor des Gedichtes „Die Nonne“ haben wir auf abi-pur.de weitere 57 Gedichte veröffentlicht.

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