Die Vätergruft von Ludwig Uhland

Es ging wohl über die Heide
Zur alten Kapell' empor
Ein Greis im Waffengeschmeide
Und trat in den dunkeln Chor.
 
Die Särge seiner Ahnen
Standen die Hall' entlang,
Aus der Tiefe tät ihn mahnen
Ein wunderbarer Gesang.
 
?Wohl hab' ich euer Grüßen,
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Ihr Heldengeister, gehört;
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Eure Reihe soll ich schließen.
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Heil mir! ich bin es wert!"
 
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Es stand an kühler Stätte
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Ein Sarg noch ungefüllt;
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Den nahm er zum Ruhebette,
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Zum Pfühle nahm er den Schild.
 
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Die Hände tät er falten
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Aufs Schwert und schlummert' ein;
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Die Geisterlaute verhallten,
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Da mocht' es gar stille sein.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Die Vätergruft“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
95
Entstehungsjahr
1787 - 1862
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Vätergruft“ wurde von Ludwig Uhland geschrieben, einem deutschen Dichter, der von 1787 bis 1862 lebte. Dies ordnet das Gedicht dem 19. Jahrhundert und der Epoche der Romantik zu.

Betrachtet man das Gedicht auf den ersten Blick, so fällt der düstere, gespenstische und zugleich erhabene Ton auf, der durch die Erwähnung von Greisen, Waffen, Ahnen, Särgen und Geistern erzeugt wird.

Inhaltlich handelt das Gedicht von einem alten Mann in Rüstung, der eine Kapelle oder Gruft auf einer Heide erreicht, in der die Särge seiner Vorfahren aufgereiht sind. Er hört einen mysteriösen Gesang, den er als Gruß der Geister seiner Ahnen interpretiert, die ihn dazu auffordern, ihre Reihe zu schließen. Er sieht einen leeren Sarg, den er als sein Ruhebett wählt. Er faltet seine Hände auf seinem Schwert und schlummert ein. Danach verstummen die Geisterstimmen und Stille tritt ein.

Die Aussage des lyrischen Ichs ergibt sich aus der Handlung des Greises. Das lyrische Ich scheint bereit, den Kreislauf des Lebens und den Lauf der Generationen zu vollenden und seinen Platz in der Familienreihe einzunehmen.

Die Form und Sprache des Gedichts sind schlicht und klar, aber auch eindrucksvoll. Es besteht aus fünf Strophen, die jeweils vier Verse haben, und folgt somit einer geregelten Form. Die Sprache ist bildhaft und schafft eine düstere und gespenstische Atmosphäre. Die wiederholte Verwendung von Wörtern wie „Heide“, „Kapelle“, „Greis“, „Waffengeschmeide“, „Särge“, „Ahnen“, „Gesang“, „Heldengeister“, „Sarg“, „Schild“, „Schwert“ und „Geisterlaute“ erzeugt eine mittelalterlich anmutende, kämpferische Atmosphäre, die zugleich aber auch eine bestimmte Ruhe ausstrahlt. Dies verleiht dem Gedicht eine gewisse Ehrerbietung gegenüber dem Tod und den Ahnen und unterstreicht das Thema des Sterbens und der Ruhe nach dem Tod.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Die Vätergruft“ des Autors Ludwig Uhland. Der Autor Ludwig Uhland wurde 1787 in Tübingen geboren. Im Zeitraum zwischen 1803 und 1862 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Romantik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Uhland handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in das 19. Jahrhundert hinein dauerte die kulturgeschichtliche Epoche der Romantik an. Ihre Auswirkungen waren in der Literatur, der Kunst aber auch der Philosophie und Musik spürbar. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die damalige Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Romantikern zuwider. Sie stellten sich in ihren Schriften gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. In der Romantik gilt das Mittelalter als das Ideal und wird verherrlicht. Die Kunst und Architektur der Zeit des Mittelalters werden geschätzt, gepflegt und gesammelt. Missstände dieser Zeit bleiben außen vor und scheinen bei den Schriftstellern in Vergessenheit geraten zu sein. So ist die Verklärung des Mittelalters ein zentrales Merkmal der Romantik. Außerdem sind die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur und die romantische Ironie weitere zentrale Merkmale dieser Epoche. Die grundsätzlichen Themen der Epoche waren Seele, Gefühle, Individualität und Leidenschaft. In der Literatur wurden diese Themen unter anderem durch Motive der Sehnsucht, Todessehnsucht, Fernweh oder Einsamkeit in der Fremde ausgedrückt. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über die Form als auch über den Inhalt des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die festen Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken fällt auf.

Das Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 95 Worte. Der Dichter Ludwig Uhland ist auch der Autor für Gedichte wie „Unter der Linden“, „Waldlied“ und „Trinklied“. Zum Autor des Gedichtes „Die Vätergruft“ haben wir auf abi-pur.de weitere 57 Gedichte veröffentlicht.

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