Der Schuhflicker von Richard Zoozmann

In einer öden Gasse war's,
Da hört ich zur Nacht ein Hämmern;
Ein Alter saß, schneeweißen Haar's,
In fahlen Mondlichts Dämmern.
 
Was sollen die leichten, zierlichen Schuh
So spät in deinen Händen?
Die willst wohl der kleinen Enkelin du
Zum Kirmestanze spenden?
 
Aus ernstem Aug' blickt er mich an:
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Gar müde Füße tragen
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Nun bald dies Paar; so müden kann
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Kein Tanz mehr je behagen.
 
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Ich sitze und hämmre und nagle geschwind
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Zum letzten Gange die Schuhe:
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Du aber eile zum Reigen, mein Kind,
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Weitab von Tod und Truhe!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Der Schuhflicker“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
89
Entstehungsjahr
1863 - 1934
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Schuhflicker“ wurde von Richard Zoozmann, einem deutschen Schriftsteller und Übersetzer, verfasst. Zoozmann lebte von 1863 bis 1934, daher kann man dieses Gedicht zeitlich der Epoche des Naturalismus zuordnen.

Der erste Eindruck des Gedichtes ist recht düster. Die Szene spielt in einer trostlosen Gasse, es ist Nacht und ein alter Mann ist bei der Arbeit, die durch den Klang seines Hammers unterbrochen wird.

Im Verlauf des Gedichts erzählt der lyrische Sprecher von einem alten Mann, der bei schwachem Mondlicht Schuhe flickt. Er fragt sich, warum der Mann so spät arbeitet und spekuliert, dass er die Schuhe für seine Enkelin repariert, die sie zum Tanz tragen soll. Der alte Mann macht jedoch klar, dass die Schuhe für jemanden bestimmt sind, der sehr müde ist und nicht mehr tanzen kann. Er rät dem lyrischen Sprecher, zum Reigen zu eilen, frei von Gedanken an Tod und Grab.

Dieses Gedicht scheint eine Reflexion über das Altern, Arbeit, Tod und Freude zu sein. Der alte Mann arbeitet noch spät in der Nacht, was seine Ergebenheit und Pflichtgefühl widerspiegelt. Er repräsentiert das Bild des Lebens am Ende, wo Lust und Freude, symbolisiert durch das Tanzen, nicht mehr existieren.

In Bezug auf die Form des Gedichtes besteht es aus vier Strophen und jedem Vers folgen einer Quadrameter Form. Die einfache Sprache und das direkte Erzählen machen es leicht zugänglich. Trotz der düsteren Thematik besteht eine gewisse Poesie in der Beschreibung des alten Mannes und seiner Arbeit. Das Gedicht zeigt auch eine berührende Sorge des alten Mannes um den lyrischen Sprecher, was auf eine enge Beziehung, möglicherweise familiär, hinweist.

Insgesamt greift das Gedicht „Der Schuhflicker“ das nüchterne Thema von Alter, Tod und Arbeit auf, während es gleichzeitig eine sanfte Poesie und eine tief verwurzelte menschliche Verbundenheit ausdrückt. Es konfrontiert uns mit der Realität des Lebensendes, jedoch nicht ohne uns zu ermahnen, die Freuden des Lebens auszukosten, solange wir können.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Schuhflicker“ des Autors Richard Zoozmann. Zoozmann wurde im Jahr 1863 in Berlin geboren. In der Zeit von 1879 bis 1934 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus, Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit oder Exilliteratur zugeordnet werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 89 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere Werke des Dichters Richard Zoozmann sind „Alte Romanze“. Zum Autor des Gedichtes „Der Schuhflicker“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.

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