Der Frühling an den Gefangnen von Theodor Fontane
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„O komm, laß uns fliehn, |
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Laß uns jubelnd durchziehn |
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Die wiedererwachte Natur, |
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Die Himmel blaun, |
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Und die Lüfte bethaun |
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Mit Wonneschauern die Flur. |
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Maaßliebchen erscheint, |
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Und das Veilchen weint |
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Mit Thränen der Freude – den Thau, |
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Und’s Bächlein spricht: |
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„ Vergiß-mein-nicht“ |
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In Blumensprache zur Au; – |
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Doch der Sommer ist nah und ich darf nicht verziehn, |
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Komm, zögre nicht länger, komm, komm, laß uns fliehn. |
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„Die Lerche singt |
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Und steiget, und schwingt |
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Sich hoch in den Himmel empor, |
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Und Iris spannt |
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Ueber Meer und Land |
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Ihr farbenschimmerndes Thor. |
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Der Zephyr spielt |
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Und koset und stiehlt |
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Der Rose würzigen Duft, |
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Im Nu durchdringt, |
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Unsichtbar beschwingt |
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Der Blumenathem die Luft; |
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Doch der Sommer ist nah und ich darf nicht verziehn, |
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Komm, zögre nicht länger, komm, komm, laß uns fliehn. |
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„Auf den Bergen thront |
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Und in Thälern wohnt |
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Nun Freiheit wieder und Lust, |
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Es trägt der Strom |
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Des Himmels Dom |
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Gespiegelt an der Brust; |
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Selbst Moor und Bucht, |
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Selbst Fels und Schlucht |
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Im Reize der Jugend erglänzt, |
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Sogar der Quell |
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An waldiger Stell |
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Ist farrenkraut-bekränzt; – |
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Doch der Sommer ist nah und ich darf nicht verziehn, |
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Komm, zögre nicht länger, komm, komm, laß uns fliehn. |
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„Der Busch umschlingt |
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Sein Liebchen und schwingt |
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Sich fort nach dem Takt der Schalmei, |
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Und wiederhallt |
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Der grünende Wald |
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Die lustige Melodei; |
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Das Alter wird jung, |
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Von Erinnerung |
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Und Frühlingshauch geschwellt, – |
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Der Jugend nur |
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Jung wie die Natur |
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Gehöret im Lenze die Welt; |
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Doch der Sommer ist nah, und ich darf nicht verziehn, |
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Komm, zögre nicht länger, komm, komm, laß uns fliehn.“ |
Details zum Gedicht „Der Frühling an den Gefangnen“
Theodor Fontane
4
56
251
1851
Realismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Der Frühling an den Gefangenen“ stammt von Theodor Fontane, einem deutschen Schriftsteller und Journalisten, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebte.
Das Gedicht gibt beim ersten Lesen den Eindruck von Sehnsucht und Dringlichkeit wieder, begleitet von einer lebhaften Darstellung der belebenden und verjüngenden Kraft des Frühlings.
Inhaltlich handelt das Gedicht von den Herrlichkeiten des Frühlings und der Sehnsucht, diese zu erleben. In jeder Strophe thematisiert das lyrische Ich verschiedene Aspekte der Natur während des Frühlings, von der Auferstehung der Natur über die Schönheit von Flora und Fauna bis hin zur spiegelnden Schönheit des Himmels in Seen und Flüssen. Es betont ständig die Dringlichkeit, diese Schönheit zu erleben und aus der Gefangenschaft zu fliehen, bevor es zu spät ist und der Sommer eintritt.
Der lyrische Sprecher ist möglicherweise eine Allegorie für die Freiheit selbst, die den im Titel genannten Gefangenen dazu aufruft, sich zu befreien und in die Freiheit zu fliehen, um die Schönheiten des aufblühenden Lebens zu erleben.
Das Gedicht besteht aus vierzig-acht Versen, die sich in vier Strophen mit je zwölf Versen gliedern. Das Reimschema ist unauffällig, es scheint kein durchgehendes Muster zu geben, was den Fokus auf den Inhalt legt und die freien Gedanken der Freiheit unterstreicht.
Die Sprache des Gedichts zeichnet sich durch eine leichte und bildreiche Bilderflut aus. Fontane verwendet viele Naturmetaphern und personifiziert die Elemente der Natur, um deren Lebendigkeit und Dynamik darzustellen. Beispielsweise „weint“ das Veilchen Freudentränen des Taus und das Bächlein spricht „Vergissmeinnicht“. Dies dient dazu, die Natur als eine lebendige, aktive und sprechende Entität darzustellen, die zur Freiheit und zum Genuss ihrer Schönheiten aufruft.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gedicht „Der Frühling an den Gefangenen“ ein kräftiger und lebhafter Aufruf zur Freiheit ist, der durch die Darstellung der dynamischen und belebenden Kraft des Frühlings dargestellt wird.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Der Frühling an den Gefangnen“ ist Theodor Fontane. 1819 wurde Fontane in Neuruppin geboren. 1851 ist das Gedicht entstanden. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Realismus zuordnen. Der Schriftsteller Fontane ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 251 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 56 Versen. Die Gedichte „An Lischen“, „An Marie“ und „An meinem Fünfundsiebzigsten“ sind weitere Werke des Autors Theodor Fontane. Zum Autor des Gedichtes „Der Frühling an den Gefangnen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 214 Gedichte veröffentlicht.
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