Chaos von Else Lasker-Schüler

Die Sterne fliehen schreckensbleich
Vom Himmel meiner Einsamkeit,
Und das schwarze Auge der Mitternacht
Starrt näher und näher.
 
Ich finde mich nicht wieder
In dieser Todesverlassenheit!
Mir ist, ich lieg' von mir weltenweit
Zwischen grauer Nacht der Urangst ...
 
Ich wollte, ein Schmerzen rege sich
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Und stürze mich grausam nieder
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Und riß mich jäh an mich!
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Und es lege eine Schöpferlust
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Mich wieder in meine Heimat
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Unter der Mutterbrust.
 
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Meine Mutterheimat ist seeleleer,
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Es blühen dort keine Rosen
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Im warmen Odem mehr.
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... Möcht' einen Herzallerliebsten haben!
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Und mich in seinem Fleisch vergraben.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Chaos“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
19
Anzahl Wörter
91
Entstehungsjahr
1869 - 1945
Epoche
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Chaos“ wurde von der Dichterin Else Lasker-Schüler verfasst, die von 1869 bis 1945 lebte. Die zeitliche Einordnung kann daher in die Epoche des Expressionismus fallen, die von etwa 1890 bis 1925 andauerte.

Auf den ersten Blick erzeugt das Gedicht einen Eindruck von düsterer Melancholie und Einsamkeit. Es scheint eine intensive emotionale Krise des lyrischen Ichs zu vermitteln.

Das Gedicht handelt von tiefer Verzweiflung, Isolation und einem intensiven Wunsch nach Verbundenheit und Rückkehr zu den Ursprüngen. In der ersten Strophe offenbart das lyrische Ich die schreckliche Leere und Einsamkeit, verkörpert durch fliehende Sterne und das starre Auge der Mitternacht. In der zweiten Strophe offenbart sie ihre Verlorenheit und verbindet diese mit Todesverlassenheit und uralter Angst. In der dritten Strophe drückt sie den Wunsch nach Schmerz aus, der die Möglichkeit zu einer gewaltsamen Selbstkonfrontation und damit einer Rückkehr zu den Ursprüngen – der mütterlichen Geborgenheit – birgt. Doch in der vierten und letzten Strophe wird deutlich, dass auch diese Heimat leer ist, es gibt keine Geborgenheit mehr. Der letzte verzweifelte Wunsch ist nach Intimität und körperlicher Verbundenheit.

Was die Form angeht, so hat jede Strophe eine unterschiedliche Anzahl von Versen, was weiter zur Unordnung und zum Chaosgefühl beiträgt. Die Sprache ist bildhaft und emotional, mit starken Kontrasten zwischen Licht und Dunkelheit, Leben und Tod, Nähe und Entfernung. Der Ausdruck „Mutterheimat“ deutet typischerweise auf ein Gefühl von Zugehörigkeit und Heimat hin, wird hier jedoch als leer und trostlos beschrieben, was ein Gefühl der Entfremdung und Verlust wiedergibt.

Während also die Form der Gedichts das Chaos und die Unordnung unterstreicht, zeigt die Sprache und der Inhalt die Tiefe der Emotionen und die Krise, in der sich das lyrische Ich befindet. Es ist ein intensiver, wahrscheinlich persönlicher Ausdruck von Verzweiflung und Einsamkeit.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Chaos“ der Autorin Else Lasker-Schüler. Im Jahr 1869 wurde Lasker-Schüler in Elberfeld geboren. Zwischen den Jahren 1885 und 1945 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her lässt sich das Gedicht der Epoche Expressionismus zuordnen. Die Schriftstellerin Lasker-Schüler ist eine typische Vertreterin der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 19 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 91 Worte. Weitere bekannte Gedichte der Autorin Else Lasker-Schüler sind „Herbst“, „Heimweh“ und „Heimlich zur Nacht“. Zur Autorin des Gedichtes „Chaos“ haben wir auf abi-pur.de weitere 19 Gedichte veröffentlicht.

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