Letzter Gruß von Detlev von Liliencron

Herbsttag, und doch wie weiches Frühlingswetter,
Ich schlenderte langseits der Friedhofshecke,
Ein Sarg schien unter Gramgeläut zu sinken,
Dann bog ich auf dem Wege um die Ecke.
 
Da kamst du, keine Täuschung, mir entgegen,
Wir hatten gestern Abschied schon genommen,
Du gingst zur Bahn, begleitet von Geschwistern,
Was mußte noch einmal die Marter kommen.
 
Ich grüßte dich, und sah dein freundlich Danken;
10 
Die mit dir schritten, haben's nicht beachtet.
11 
Und ich blieb stehn, du wandtest dich verstohlen,
12 
Von Leid war meine Seele dicht umnachtet.
 
13 
Im Schmerz grub ich die Linke in den Dornbusch
14 
Und ließ die Stacheln tief ins Fleisch mir dringen,
15 
Ein letzter Gruß von dir, von mir - vorüber,
16 
Die Hand im Strauch will fest die Qual bezwingen.
 
17 
Es tat nicht weh, ich hab' in Wachs gegriffen,
18 
Kein Tropfen sprang, es hat nicht warm geflutet,
19 
Die roten Ströme sind zurückgeflossen,
20 
Es hat mein Herz, mein Herz nur hat geblutet.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.6 KB)

Details zum Gedicht „Letzter Gruß“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
151
Entstehungsjahr
1844 - 1909
Epoche
Naturalismus

Gedicht-Analyse

Das zu interpretierende Gedicht „Letzter Gruß“ stammt von Detlev von Liliencron, einem deutschen Lyriker und Erzähler. Er lebte vom 3. Juni 1844 bis zum 22. Juli 1909 und zählt damit zur Epoche des Naturalismus und zu Beginn der Moderne.

Beim ersten Eindruck fällt auf, dass sich melancholische und tragische Stimmung durch das gesamte Gedicht zieht. Das lyrische Ich befindet sich auf einem Spaziergang, der mit einer Begegnung mitts im Herbst mit einer Person endet, von der sich das lyrische Ich scheinbar zuvor verabschiedet hat.

Inhaltlich geht das lyrische Ich auf einen Spaziergang entlang eines Friedhofs, auf dem gerade eine Beerdigung stattfindet. Dann trifft es unerwartet die Person wieder, von der es sich vermutlich zuvor endgültig verabschiedet hatte. Diese fügt ihm erneuten Schmerz mit ihrer Anwesenheit zu, was er dadurch zu kompensieren versucht, dass er seine Hand in einen Dornbusch stößt. Aber der körperliche Schmerz kann den emotionalen Schmerz nicht überdecken.

Die Form des Gedichts ist traditionell und ordnet sich in fünf Strophen mit jeweils vier Versen. Es zeichnet sich durch einen ruhigen, erzählenden Ton, einem schnörkellosen Stil aus, der typisch für die Dichtung Liliencrons und der Zeit der literarischen Strömung des Naturalismus ist. Die Worte sind gewählt, um die Emotionen des lyrischen Ichs in einer eindrücklichen Weise zu veranschaulichen.

Im Hinblick auf die Sprache ist das Gedicht geprägt von Bildern und Metaphern, die den inneren Schmerz und die Traurigkeit des lyrischen Ichs transportieren. So symbolisiert der Friedhof als Ort des Todes und Abschieds die endgültige Trennung, während die Hand im Dornbusch die selbstverursachte, körperliche Verletzung repräsentiert, die jedoch gegen die emotionale Verwundung nicht ankommt.

Abschließend zeigt „Letzter Gruß“ durch seine bildliche Sprache, seinen ruhigen Ton und die Wahl des Settings auf eindringliche Weise die Tiefe des Schmerzes und der Traurigkeit, die das lyrische Ich durchlebt. Es ist ein Gefühl des Abschieds, der endgültig und unwiderruflich ist, und gegen das auch selbst verursachter physischer Schmerz nicht ankommt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Letzter Gruß“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Detlev von Liliencron. 1844 wurde Liliencron in Kiel geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1860 und 1909. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Naturalismus zuordnen. Bei Liliencron handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 151 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 20 Versen. Der Dichter Detlev von Liliencron ist auch der Autor für Gedichte wie „Weihnachtslied“, „Schöne Junitage“ und „Herbst“. Zum Autor des Gedichtes „Letzter Gruß“ haben wir auf abi-pur.de weitere 63 Gedichte veröffentlicht.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Detlev von Liliencron

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Detlev von Liliencron und seinem Gedicht „Letzter Gruß“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Detlev von Liliencron (Infos zum Autor)

Zum Autor Detlev von Liliencron sind auf abi-pur.de 63 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.