Einer Toten von Detlev von Liliencron
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Ach, daß du lebtest. |
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Tausend schwarze Krähen, |
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Die mich umflatterten auf allen Wegen, |
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Entflohen, wenn sich deine Tauben zeigten, |
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Die weißen Tauben deiner Fröhlichkeit. |
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Daß du noch lebtest. |
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Schwer und kalt umsaugt |
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Die Erde deinen Sarg und hält dich fest. |
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Ich geh' nicht hin, ich finde dich nicht mehr. |
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Und Wiedersehn? |
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Was soll ein Wiedersehn, |
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Wenn wir zusammen Hosianna singen, |
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Und ich dein Lachen nicht mehr hören kann? |
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Dein Lachen, deine Sprache, deinen Trost: |
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Der Tag ist heut so schön, wo ist Chasseur, |
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Hol' aus dem Schranke deinen Lefaucheux |
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Und geh' ins Feld, die Hühner halten noch. |
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Doch bieg' nicht in das Buchenwäldchen ein, |
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Und leg' dich nicht ins Moos und träume nicht. |
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Paß auf die Hühner und sei nicht zerstreut, |
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Blamir' dich nicht vor deinem Hund, ich bitte. |
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Und alle Orgeldreher heut verwünsch' ich, |
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Die luftgetragnen Ton von fernen Dörfern |
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Dir zusenden, ich seh' dann keine Hühner. |
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Und doch, die braune Heide liegt so still, |
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Dich hält ihr Zauber, laß dich nur bestricken. |
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Wir essen heute Abend Erbsensuppe, |
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Und der Margaux hat schon die Zimmerwärme. |
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Bring' also Hunger mit und gute Laune. |
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Dann liest du mir aus deinen Lieblingsdichtern. |
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Und willst du mehr, wir gehen an den Flügel, |
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Und singen Schumann, Robert Franz und Brahms. |
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Die Geldgeschichten lassen wir heut ruhn. |
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Du lieber Himmel, deine Gläubiger |
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Sind keine Teufel, die dich braten können, |
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Und Alles wird sich machen. |
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Hier noch eins, |
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Ich that dir guten Cognac in die Flasche. |
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Grüß Heide mir und Wald und all die Felder, |
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Die abseits liegen und vergiß die Schulden. |
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Ich seh' indessen in der Küche nach, |
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Daß uns die Erbsensuppe nicht verbrennt. |
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Daß du noch lebtest. |
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Tausend schwarze Krähen, |
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Die mich umflatterten auf allen Wegen, |
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Entflohen, wenn sich deine Tauben zeigten, |
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Die weißen Tauben deiner Fröhlichkeit. |
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Ach, daß du lebtest. |
Details zum Gedicht „Einer Toten“
Detlev von Liliencron
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48
297
1844 - 1909
Naturalismus
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht „Einer Toten“ wurde von Detlev von Liliencron verfasst, einem deutschen Dichter und Schriftsteller, der vom 3. Juni 1844 bis zum 22. Juli 1909 lebte. Detlev von Liliencron gilt als wichtiger Vertreter des Impressionismus in der deutschen Literatur und seine Arbeiten sind hauptsächlich in der Zeitspanne des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts einzuordnen.
Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht melancholisch und nostalgisch. Es vermittelt eine starke Sehnsucht und den Schmerz über den Verlust einer geliebten Person.
In einfachen Worten beschrieben, handelt das Gedicht von einem lyrischen Ich, das um eine verstorbene Person trauert und sich deren Lebendigkeit zurückwünscht. Die Metaphern von schwarzen Krähen und weißen Tauben verdeutlichen den Kontrast zwischen Trauer und Freude, Tod und Leben. Die Erde, die den Sarg umschließt, steht als Symbol für den endgültigen Tod und die Trennung. Im Verlauf des Gedichts werden Alltagsszenen und gemeinsame Momente zwischen dem lyrischen Ich und der verstorbenen Person rückblickend erzählt.
Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen mit unterschiedlicher Versanzahl. Es fällt auf, dass die erste und die letzte Strophe fast identisch sind und damit eine Art Rahmen bilden. Dieser Mittel unterstützt den Ausdruck von Sehnsucht und endloser Trauer des lyrischen Ichs.
Die Sprache des Gedichts ist teils alltäglich und vertraut, teils hochgestochen und bildreich. Die Verwendung von speziellen Begriffen wie „Lefaucheux“ und Namen von klassischen Komponisten wie „Schumann, Robert Franz und Brahms“ weist auf eine gehobene Bildung und Lebensweise des lyrischen Ichs und der verstorbenen Person hin.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Einer Toten“ ein eindrückliches Gedicht über Verlust, Trauer und die Sehnsucht nach vergangenen Zeiten ist. Es vermittelt tiefe Gefühle und Gedanken auf eine bildhafte und eindringliche Weise. Gleichzeitig zeugt es von der Fähigkeit von Liliencron, tiefgründige emotionale Zustände durch den Einsatz von bildhafter und kontrastreicher Sprache auszudrücken.
Weitere Informationen
Detlev von Liliencron ist der Autor des Gedichtes „Einer Toten“. Geboren wurde Liliencron im Jahr 1844 in Kiel. In der Zeit von 1860 bis 1909 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Naturalismus zuordnen. Der Schriftsteller Liliencron ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 297 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 48 Versen. Detlev von Liliencron ist auch der Autor für Gedichte wie „Trutz, Blanke Hans“, „Weihnachtslied“ und „Schöne Junitage“. Zum Autor des Gedichtes „Einer Toten“ haben wir auf abi-pur.de weitere 63 Gedichte veröffentlicht.
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