Der Deserteur von Klabund

Nun hat man mich erschossen,
Ich bin ein Deserteur.
Mein Blut ist rot geflossen
Ueber die grüne Wiese her.
 
Hört Ihr mein Herz noch ächzen?
Gibt es Euch keinen Stich?
Die Raben, welche krächzen,
Haben Hunger auf mich. –
 
Ich habe ein Mädchen geliebet
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In einer fernen Stadt,
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Nun ist der Traum zerstiebet,
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Der mich beseligt hat.
 
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Ich bin des Nachts entwichen,
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Und bin zu ihr entflohn.
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Die Patrouille kam gestrichen:
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Bist du schon da, mein Sohn?
 
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Du hast den Eid gebrochen,
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So tritt in unsre Reihn. –
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Ich hab’s meinem Mädchen versprochen,
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Heut nacht bei ihr zu sein! –
 
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Und hast du’s ihr geschworen,
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Was hältst du auch den Schwur?
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Du bist umsonst geboren
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Und eine Leiche nur.
 
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Man kann nicht Treue bewahren
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Dem König und seinem Mädchen zugleich.
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Bald wirst du zur Hölle fahren
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Oder zum Himmelreich …
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.8 KB)

Details zum Gedicht „Der Deserteur“

Autor
Klabund
Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
138
Entstehungsjahr
1916
Epoche
Moderne,
Expressionismus,
Avantgarde / Dadaismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Deserteur“ stammt von dem Autor Klabund, der in der Zeit des Expressionismus lebte und schrieb, genauer von 1890 bis 1928. Dieses Zeitalter war stark geprägt von Krieg und zugehörigen literarischen Themen, wie Zerstörung, Tod und Leid, aber auch Flucht und Desertion.

Schon beim ersten Lesen wird eine düstere, tragische Stimmung offensichtlich, die im gesamten Gedicht dominiert. Sämtliche Verse sind vom Tod, der Zerstörung und der Ausweglosigkeit geprägt. Das lyrische Ich, der Deserteur, spricht aus der Perspektive des Todes zu den Lesern, was eine surreale, gespensterhafte Atmosphäre erzeugt.

Im Inhalt thematisiert das Gedicht die innere Zerrissenheit und den Tod eines Deserteurs. Der Soldat hat sich aus der Armee entfernt, um sein geliebtes Mädchen zu besuchen, wurde jedoch gefasst und hingerichtet. Sein Dilemma war die Unmöglichkeit, gleichzeitig König und Mädchen treu zu sein. Er stellt seine Liebe und das Versprechen, das er seinem Mädchen gegeben hat, über seinen militärischen Eid. In seinen Augen war seine Tat kein Verrat, sondern eine Handlung der Liebe und Treue.

Formal besteht das Gedicht aus sieben vierzeiligen Strophen in freien Versen. Jede Strophe erzählt eine eigene Episode der Geschichte des Deserteurs: die Hinrichtung, den Tod, die verlorene Liebe, die Flucht, die Konfrontation mit der Patrouille, die Zweifel am Sinn seines Handelns und schließlich seine Hinrichtung. Die Form folgt somit dem Inhalt und trägt zur düsteren Atmosphäre des Gedichts bei.

Die Sprache des Gedichts ist klar und einfach, jedoch mit einer stark emotionalen Färbung. Der Deserteur spricht direkt zu den Lesern und stellt dabei drastische und schmerzhafte Fragen: „Hört Ihr mein Herz noch ächzen?“ Dabei nutzt Klabund Bilder wie das der Raben, die den toten Körper des Deserteurs verspeisen wollen, um die Grausamkeit und Sinnlosigkeit des Kriegs und der Hinrichtung zu unterstreichen.

Abschließend lässt sich sagen, dass „Der Deserteur“ ein kraftvolles und erschütterndes Gedicht ist, das die menschliche Tragödie des Krieges und die innere Zerrissenheit der Soldaten auf eindrückliche Weise darstellt. Es vermittelt die Botschaft, dass Liebe und Humanität in Zeiten des Krieges oft keinen Platz haben und die Opfer nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch in den Herzen der Soldaten zu finden sind.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Der Deserteur“ ist Klabund. Der Autor Klabund wurde 1890 in Crossen an der Oder geboren. 1916 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist München. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Moderne, Expressionismus oder Avantgarde / Dadaismus zugeordnet werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 138 Worte. Weitere Werke des Dichters Klabund sind „Abschied der Mutter von ihrem Sohn“, „Ad notam“ und „Akim Akimitsch“. Zum Autor des Gedichtes „Der Deserteur“ haben wir auf abi-pur.de weitere 139 Gedichte veröffentlicht.

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