Der Berg von Rainer Maria Rilke
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Sechsunddreißigmal und hundertmal |
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hat der Maler jenen Berg geschrieben, |
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weggerissen, wieder hingetrieben |
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(sechsunddreißigmal und hundertmal) |
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zu dem unbegreiflichen Vulkane, |
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selig, voll Versuchung, ohne Rat, — |
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während der mit Umriß Angetane |
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seiner Herrlichkeit nicht Einhalt tat: |
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tausendmal aus allen Tagen tauchend, |
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Nächte ohnegleichen von sich ab |
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fallen lassend, alle wie zu knapp; |
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jedes Bild im Augenblick verbrauchend, |
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von Gestalt gesteigert zu Gestalt, |
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teilnahmslos und weit und ohne Meinung —, |
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um auf einmal wissend, wie Erscheinung, |
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sich zu heben hinter jedem Spalt. |
Details zum Gedicht „Der Berg“
Rainer Maria Rilke
3
16
78
1918
Moderne
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht trägt den Titel „Der Berg“ und wurde von Rainer Maria Rilke verfasst, einem der bedeutendsten Lyriker der deutschen Literaturgeschichte, der von 1875 bis 1926 lebte. Sein Schaffen fällt somit in die Zeit der Moderne.
Das Gedicht hinterlässt zunächst einen raumgreifenden, bewegten Eindruck, beeinflusst durch Rilkes bereits zu erwarten gewesener Bildgewalt und Dynamik. Es ist ein fortwährendes Kommen und Gehen, ein kreisförmiges Verweben von Anfang und Ende.
Inhaltlich geht es in dem Gedicht um den Prozess der künstlerischen Darstellung eines Berges, der vom lyrischen Ich als unbegreiflicher Vulkan wahrgenommen wird und immer wieder neu dargestellt wird („Sechsunddreißigmal und hundertmal“). Dieser Berg wird als ständig wechselnd und sich entwickelnd beschrieben, immer wieder taucht er auf, lässt Tage und Nächte zurück, verändert und steigert sich. Dabei bleibt er „teilnahmslos und weit und ohne Meinung“, hebt sich jedoch in jedem Moment als Erscheinung hervor.
Thematisch kann das Gedicht auf die Auseinandersetzung des Künstlers mit seinem Sujet, in diesem Fall der Berg, hin verstanden werden. Es verweist auch auf den Prozess des künstlerischen Schaffens, der von Wiederholung und ständiger Neugestaltung geprägt ist, sowie auf die zeitlose, unveränderliche Präsenz des Berges.
Formal besteht das Gedicht aus drei Strophen, von denen die ersten beiden jeweils vier Verse und die letzte acht Verse umfasst. Rilke verwendet eine freie Form des Versmaßes, ohne konkreten Reimschema und greift auf eine bildhafte, ausdrucksstarke Sprache zurück.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass Rilkes „Der Berg“ ein tiefergehendes Verständnis für den Prozess kreativer Arbeit und künstlerischer Darstellung vermittelt. Es verweist auf die Veränderlichkeit und gleichzeitig Beständigkeit des Künstlersubjekts und seiner Umgebung. Es ist ein poetischer Kommentar über das ständige Streben des Künstlers, die Welt festzuhalten und zu interpretieren, und ebenso über die Unfähigkeit, dies jemals vollständig zu erreichen.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Berg“ des Autors Rainer Maria Rilke. 1875 wurde Rilke in Prag geboren. 1918 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Leipzig. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Moderne zuordnen. Rilke ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 78 Worte. Rainer Maria Rilke ist auch der Autor für Gedichte wie „Abend in Skaane“, „Absaloms Abfall“ und „Adam“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der Berg“ weitere 338 Gedichte vor.
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