Der Auferstandene von Rainer Maria Rilke
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Er vermochte niemals bis zuletzt |
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ihr zu weigern oder abzuneinen, |
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daß sie ihrer Liebe sich berühme; |
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und sie sank ans Kreuz in dem Kostüme |
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eines Schmerzes, welches ganz besetzt |
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war mit ihrer Liebe größten Steinen. |
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Aber da sie dann, um ihn zu salben, |
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an das Grab kam, Tränen im Gesicht, |
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war er auferstanden ihrethalben, |
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daß er seliger ihr sage: Nicht — |
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Sie begriff es erst in ihrer Höhle, |
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wie er ihr, gestärkt durch seinen Tod, |
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endlich das Erleichternde der Öle |
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und des Rührens Vorgefühl verbot, |
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um aus ihr die Liebende zu formen, |
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die sich nicht mehr zum Geliebten neigt, |
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weil sie, hingerissen von enormen |
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Stürmen, seine Stimme übersteigt. |
Details zum Gedicht „Der Auferstandene“
Rainer Maria Rilke
4
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107
1918
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Der Auferstandene“ stammt von dem deutschsprachigen Lyriker Rainer Maria Rilke, der von 1875 bis 1926 lebte. Rilke gilt als einer der bedeutendsten Lyriker der literarischen Moderne, und dieses Gedicht ist, wie viele seiner Werke, von einer intensiven Auseinandersetzung mit tiefgründigen, existenziellen Themen geprägt.
Auf den ersten Blick erweckt das Gedicht einen Eindruck von Leidenschaft und emotionaler Intensität. Das lyrische Ich erzählt von einer Frau, die aufgrund ihrer tiefen Liebe zu einem Mann, der ans Kreuz geheftet wurde, tiefen Schmerz empfindet. Trotz der starken Gefühle, die sie für ihn hegt, schafft es der Mann, sie davon abzuhalten, ihn in der Weise zu lieben, wie sie es gewohnt ist.
Inhaltlich handelt das Gedicht von der Beziehung zwischen dem lyrischen Ich und seinem Gegenüber. Anhand der Zeilen kann man ableiten, dass das lyrische Ich jemanden liebt, der jedoch tot ist. Die Worte deuten auf die biblische Geschichte von der Auferstehung Christi hin - die Frau könnte Maria Magdalena und der Mann Jesus sein. Der Text thematisiert die Transformation der Liebe durch den Tod, und wie sich die Dynamik zwischen dem lyrischen Ich und der geliebten Person dadurch verändert.
In Bezug auf Form und Sprache zeichnet sich das lyrische Werk durch seinen melodischen Rhythmus und seinen ausgefeilten sprachlichen Stil aus. Der Text besteht aus vier Strophen, die jeweils unterschiedliche Längen und Versstrukturen aufweisen. Die Verwendung von bildreicher Sprache und Metaphern, etwa wenn von der „Liebe, die sich berühmt“, oder vom „Kostüm eines Schmerzes“ gesprochen wird, spiegelt Rilkes gewohnt eindringliche und sinnliche Diktion wider. Der Duktus ist eher zurückhaltend und leise, was eine hohle, melancholische Stimmung erzeugt.
Die Gesamtaussage des Gedichts scheint zu sein, dass Liebe, obwohl sie groß und mächtig sein kann, nicht immer in der Lage ist, den Tod zu besiegen. Vielmehr scheint sie durch den Tod transformiert und auf eine höhere Ebene gehoben zu werden – eine Ebene, auf der die herkömmlichen Formen der Zuneigung und der Status des „Geliebten“ ins Leere laufen. Es wird deutlich, dass Rilke hier die Aspekte der irdischen, körperlichen Liebe gegenüber jener der spirituellen, unsterblichen Liebe reflektiert.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Auferstandene“ des Autors Rainer Maria Rilke. Rilke wurde im Jahr 1875 in Prag geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1918. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Moderne zuordnen. Der Schriftsteller Rilke ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 18 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 107 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Rainer Maria Rilke sind „Abend in Skaane“, „Absaloms Abfall“ und „Adam“. Zum Autor des Gedichtes „Der Auferstandene“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 338 Gedichte vor.
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