Unfreiheit von Arthur Fitger
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Ach lieber Herr Amtmann, habet Geduld! |
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Ich gesteh's, ich habe gestohlen; |
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Doch das hat der Kosmos selber Schuld, |
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Das sag' ich euch unverhohlen. |
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Die Neigung zum stehlen war in mir schon |
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Von anbeginn entzündet; |
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Sie lag schon in der Konstitution |
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Meiner Urgroßmutter begründet. |
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Rings drängten auf mich der ganzen Natur |
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Vieltausendfältige Triebe; |
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Ich ward nach höh'ren Gesetzen nur |
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Unwiderstehlich zum Diebe. |
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Wie könnt ihr mich strafen der ich doch nicht |
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Aus freiem Willen gesündigt? |
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?Jetzt schweige, du naseweiser Wicht, |
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Und höre, was man verkündigt. |
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Die hochwohllöbliche Polizei |
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Steht auch unter kosmischem Zwange, |
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Sie fängt die Diebe und hängt sie dabei |
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Aus unwiderstehlichem Drange." |
Details zum Gedicht „Unfreiheit“
Arthur Fitger
5
20
103
1840 - 1909
Realismus,
Naturalismus,
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Unfreiheit“ stammt von Arthur Fitger, der von 1840 bis 1909 lebte. Damit fällt es in die Epoche des Realismus und der aufkommenden Moderne in der deutschsprachigen Literatur.
Das Gedicht wirkt beim ersten Lesen humorig und ironisch. Der Sprecher des Gedichts gesteht dem „Herrn Amtmann“ unumwunden ein, gestohlen zu haben, schiebt die Schuld jedoch auf den „Kosmos“ und auf seine erbliche Veranlagung zur Diebstahlneigung. Dies wirft ein ironisches Licht auf damals gängige Debatten um Determinismus und freien Willen.
Im Kern des Gedichts steht eine Debatte um Schuld und Verantwortung. Das lyrische Ich hat gestohlen und rechtfertigt dies mit der eigenen 'programmierten' Neigung und den unwiderstehlichen Zwängen der Natur. Es hinterfragt damit die Möglichkeit echter Freiheit und den Sinn von Strafe, wenn unser Handeln doch durch kosmische oder genetische Determinanten vorbestimmt ist. In der letzten Strophe erfolgt jedoch eine ironische Wende: wenn das lyrische Ich seiner Verantwortung entkommen kann, indem es seine Taten auf höhere Kräfte schiebt, dann kann auch die Polizei ihre Aktionen - inklusive harte Strafen - als Resultat unwiderstehlicher kosmischer Zwänge auslegen.
Die Form des Gedichts folgt einer klaren Struktur, bestehend aus fünf Vierzeilern. Die Sprache ist einfach und direkt, wobei die humorvolle Ironie hauptsächlich durch die absurden Argumente des lyrischen Ichs und die satirische Zuspitzung in der letzten Strophe erzeugt wird. Damit betont Fitger die Diskrepanz zwischen der individuellen Selbstwahrnehmung und der gesellschaftlichen Realität, die in ihrer radikalen Umkehrung aufzeigt, wie unlogisch und absurd das ursprüngliche Argument des lyrischen Ichs war. Es zeigt auch den Wandel der Epoche auf: die Vorstellung, dass das Individuum ein Produkt seiner Umwelt und somit unfrei ist, wird immer häufiger hinterfragt.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Unfreiheit“ des Autors Arthur Fitger. Der Autor Arthur Fitger wurde 1840 in Delmenhorst geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1856 und 1909. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zu. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 103 Worte. Arthur Fitger ist auch der Autor für Gedichte wie „Du meinst, ich sollte klagen“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Unfreiheit“ keine weiteren Gedichte vor.
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