Der Asket von Wilhelm Busch

Im Hochgebirg vor seiner Höhle
Saß der Asket;
Nur noch ein Rest von Leib und Seele
Infolge äußerster Diät.
 
Demütig ihm zu Füßen kniet
Ein Jüngling, der sich längst bemüht,
Des strengen Büßers strenge Lehren
Nachdenklich prüfend anzuhören.
 
Grad schließt der Klausner den Sermon
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Und spricht: Bekehre dich, mein Sohn.
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Verlaß das böse Weltgetriebe.
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Vor allem unterlaß die Liebe,
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Denn grade sie erweckt aufs neue
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Das Leben und mit ihm die Reue.
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Da schau mich an. Ich bin so leicht,
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Fast hab ich schon das Nichts erreicht,
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Und bald verschwind ich in das reine
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Zeit-, raum- und traumlos Allundeine.
 
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Als so der Meister in Ekstase,
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Sticht ihn ein Bienchen in die Nase.
 
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Oh, welch ein Schrei!
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Und dann das Mienenspiel dabei.
 
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Der Jüngling stutzt und ruft: Was seh ich?
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Wer solchermaßen leidensfähig,
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Wer so gefühlvoll und empfindlich,
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Der, fürcht ich, lebt noch viel zu gründlich
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Und stirbt noch nicht zum letzten Mal.
 
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Mit diesem kühlen Wort empfahl
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Der Jüngling sich und stieg hernieder
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Ins tiefe Tal und kam nicht wieder.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.9 KB)

Details zum Gedicht „Der Asket“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
170
Entstehungsjahr
nach 1848
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht wurde von Wilhelm Busch verfasst, einem deutschen Dichter, Zeichner und Maler aus dem 19. Jahrhundert. Busch ist vor allem für seine humoristischen und oft bitterbösen Betrachtungen des menschlichen Daseins bekannt.

Auf den ersten Blick kommt das Gedicht als relativ einfach daher, mit einer klaren Geschichte und anschaulichen Beschreibungen. Es erzählt die Geschichte eines Asketen, also eines Menschen, der sich bewusst von weltlichen Genüssen abwendet, und eines jungen Mannes, der offensichtlich nach geistiger Erleuchtung sucht. Der Asket predigt seine strenge Lehre und betont besonders die Ablehnung der Liebe, da sie das Leben und damit auch die Reue hervorruft. Dann wird seine Predigt jedoch durch den Stich einer Biene unterbrochen, woraufhin der Jüngling seine Überzeugung offenbaren: Der Asket lebt noch zu sehr, um wirklich erleuchtet zu sein.

Die Botschaft, die das lyrische Ich hier vermitteln will, scheint zu sein, dass eine vollständige Askese oder Zurückweisung des Lebens keine wirkliche Erleuchtung bringt. Anstatt auf volle Askese und rigorose Selbstbeschränkung zu setzen, schlägt der Jüngling vor, das Leben in all seinen Facetten zu akzeptieren und zu erleben.

Die Form und die Sprache des Gedichts sind relativ einfach gehalten. Es besteht aus sieben Strophen unterschiedlicher Länge und ist im Reim geschrieben, was dem Gedicht einen flüssigen, leicht zu verfolgenden Rhythmus verleiht. Die Sprache ist klar und direkt, ohne viel metaphorische Sprache oder symbolische Bilder. Dies unterstreicht die direkte und eindeutige Botschaft des Gedichts.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Wilhelm Busch in diesem Gedicht auf humorvolle und ironische Weise die Schwächen und Widersprüche einer zu strengen Askese aufzeigt. Er empfiehlt, das Leben in all seinen Aspekten anzunehmen, anstatt es zu verleugnen oder zu vermeiden. Diese Auffassung deckt sich auch mit vielen seiner anderen Werke, die oft den Wert des Lebens und der Liebe betonen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Der Asket“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Wilhelm Busch. 1832 wurde Busch in Wiedensahl geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1848 und 1908. In Wiesbaden u. Berlin ist der Text erschienen. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zuordnen. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das vorliegende Gedicht umfasst 170 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 30 Versen. Die Gedichte „Auf Wiedersehn“, „Auf den Sonntag früh Morgen“ und „Bedächtig“ sind weitere Werke des Autors Wilhelm Busch. Zum Autor des Gedichtes „Der Asket“ haben wir auf abi-pur.de weitere 208 Gedichte veröffentlicht.

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