Der Apfel der Zwietracht von Heinrich Kämpchen
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Weltanschauung – mit dem Worte |
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Ist viel Humbug schon getrieben, |
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Und noch immer, täglich, ständig |
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Braucht man es zur Irreführung. |
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Ganz besonders sind’s die Knappen, |
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Die man dadurch trennt und wirret, |
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In zwei Lager feindlich spaltet |
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Und dem Gegner überliefert. – |
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Demagogisch braucht das Wort man |
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Zur fanatischen Verhetzung, |
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Um die Macht der Bergarbeiter |
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Lahmzulegen und zu brechen. – |
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Mag ein jeder doch anschauen |
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Sich die Welt, wie’s ihm beliebet, |
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Und wer eine Welt des Jenseits |
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Noch sich bildet – mag er’s tuen. – |
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Aber eben so in Freiheit |
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Soll man auch den andern lassen, |
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Der mit einer Welt des Diesseits |
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Sich bescheiden schon begnüget. – |
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Und wenn er dafür verlanget, |
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Daß der Proletar, der Knappe, |
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Menschlich leben soll auf Erden, |
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Ist zuviel es wohl gefordert? – |
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Muß nicht auch sein Mitgeselle |
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Von der andern Weltanschauung |
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Essen, trinken hier auf Erden |
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Und dem Staat die Steuern zahlen? – |
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Muß er nicht als Leidensbruder |
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Mit ihm scharren in den Klüften? |
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Mit ihm hungern und verkümmern, |
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Wenn sie nicht zusammenhalten? – |
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Ob und wenn auch Antipoden |
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In der Weltanschauung – beide |
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Sind doch treue Kameraden |
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In der schauerlichen Tiefe. – |
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Droben aber, auf der Erde, |
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Sollen sie sich meucheln, morden, |
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(Bildlich brauchen wir die Worte) |
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Eben um der Weltanschauung. – |
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Also fordern es die Macher, |
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Die doch nichts dagegen haben, |
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Daß die lieben Werksbesitzer |
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Ganz die gleiche Sünde üben. – |
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Einig halten da zusammen, |
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Um den Bergmann auszubeuten, |
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Christen mit den Juden, Heiden, |
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Katholik und Protestante. – |
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Keiner ist, der ihnen predigt: |
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Müßt euch trennen und zerklüften |
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Auch in Christen und Nichtchristen, |
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Also will’s die Weltanschauung. – |
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Keiner – nur dem guten Bergmann |
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Wird es täglich vorgeorgelt, |
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Ihm allein ist es vonnöten |
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Sich zu schützen vor der Fährnis. – |
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Und die Lehre? – Mag doch jeder |
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Wie er will die Welt anschauen, |
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Aber in dem Kampfe, Knappen, |
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Seid ein ungeteiltes Ganze. – |
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Wie in Nächten, so am Tage, |
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Sollt ihr treu zusammenhalten, |
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Ohne Unterschied des Glaubens, |
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Einig, einig wie die Gegner. – |
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Dann, nur dann, kommt ihr zum Siege, |
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Aber laßt ihr euch zerspalten |
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Mit dem Weltanschauungs-Köder, |
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Bleibt ihr immer die Geleimten. – |
Details zum Gedicht „Der Apfel der Zwietracht“
Heinrich Kämpchen
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1909
Moderne
Gedicht-Analyse
„Der Apfel der Zwietracht“ ist ein Gedicht vom Autor Heinrich Kämpchen, der im 19. Jahrhundert lebte und schrieb. Das Gedicht stammt vermutlich aus dem späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert. Heinrich Kämpchen, der selbst einige Zeit als Bergmann tätig war, kritisiert in diesem Gedicht die Spaltung und Manipulation der Arbeiter im Bergbau (auch „Knappen“ genannt) durch unterschiedliche Weltanschauungen.
Die ersten Strophen des Gedichts setzen sich mit der Tatsache auseinander, dass das Konzept der Weltanschauung oft zur Verwirrung und Manipulation der Bergarbeiter verwendet wird. Kämpchen stellt fest, dass das Wort „Weltanschauung“ dazu benutzt wird, um die Arbeiter in verschiedene Lager zu spalten und zu verwirren. Diese Spaltung schwächt die Arbeiter und macht sie dem Gegner ausgeliefert.
Kämpchen betont weiterhin, dass jeder Mensch die Welt auf seine eigene Weise sehen sollte und dass dies auch erlaubt sein sollte. Er argumentiert, dass diejenigen, die sich mit einem diesseitigen Leben zufrieden geben, auch in Frieden gelassen werden sollten. Gleichzeitig stellt er die Frage, ob es zu viel verlangt ist, dass auch ein Proletarier, ein Bergarbeiter, ein menschenwürdiges Leben auf Erden verlangen sollte.
In den folgenden Strophen behauptet Kämpchen, dass verschiedene Weltanschauungen den Zusammenhalt der Arbeiterklasse nicht brechen sollten. Trotz der Unterschiede in der Weltanschauung, sollten die Bergarbeiter, als „Kameraden in der schauerlichen Tiefe“, zusammenhalten.
Das Gedicht hat einen stringenten Aufbau mit in jeder Strophe vier Versen. Die Sprache ist einfach und direkt, mit zahlreichen bildlichen Ausdrücken. Kämpchen verwendet das Konzept der Weltanschauung als Metapher, um die Taktiken der herrschenden Klasse zur Spaltung der Arbeiterklasse zu kritisieren und aufzuzeigen. Er plädiert für Solidarität und Gemeinschaft unter den Arbeitern, unabhängig von ihrer individuellen Weltanschauung, zur Sicherung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Rechte. Das lyrische Ich spricht direkt die Arbeiterklasse an, insbesondere die Bergarbeiter, und ruft sie zur Einigkeit und zum Widerstand gegen die Taktiken der herrschenden Klasse auf.
Weitere Informationen
Heinrich Kämpchen ist der Autor des Gedichtes „Der Apfel der Zwietracht“. Der Autor Heinrich Kämpchen wurde 1847 in Altendorf an der Ruhr geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1909. In Bochum ist der Text erschienen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 334 Wörter. Es baut sich aus 17 Strophen auf und besteht aus 68 Versen. Der Dichter Heinrich Kämpchen ist auch der Autor für Gedichte wie „Am Rhein“, „Am Weinfelder Maar“ und „Am goldenen Sonntag“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der Apfel der Zwietracht“ weitere 165 Gedichte vor.
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