Allein! von Ada Christen

Einsam stand ich auf den Bergen,
Wo der Falke kreischend flog,
über schneebedecktem Gipfel
Seine stillen Kreise zog.
 
Einsam lag ich auf der Haide
Wenn die Sonne untersank,
Und der dürre glüh’nde Boden
Gierig feuchte Nebel trank.
 
Einsam saß ich oft am Meere,
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Dessen alter Klaggesang
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Bald wild-zornig, bald süß-traurig,
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Bald wie dumpfes Schluchzen klang.
 
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Einsam irrt ich durch die Wälder,
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Nur die Eul’ am Felsenriff
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War mein krächzender Gefährte
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Und der Wind, der wimmernd pfiff.
 
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Einsam litt ich – aber tröstend
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War die hehre Einsamkeit –
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Nicht allein trug ich mein Elend,
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Die Natur verstand mein Leid!
 
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Doch allein – so ganz alleine –
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Abgrundtief von Euch entfernt,
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Fand ich mich in Euren Sälen –
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Als ich Euch versteh’n gelernt!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Allein!“

Autor
Ada Christen
Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
118
Entstehungsjahr
1870
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist die österreichische Dichterin Ada Christen, die im 19. Jahrhundert lebte und arbeitete. Sie zählt zur literarischen Epoche des Realismus.

Auf den ersten Eindruck hin scheint das Gedicht sehr melancholisch und reflektiert zu sein. Die wiederholte Betonung der Einsamkeit verleihen dem Gedicht einen besonders emotionalen und persönlichen Charakter.

Inhaltlich zeigt das Gedicht eine starke Tendenz zur Naturlyrik. Eingeteilt in sechs Strophen, schildert das lyrische Ich in den ersten vier Strophen verschiedene Szenerien der Natur, in denen es sich jeweils einsam befindet. Es spricht von Bergen, Heiden, Meeren und Wäldern.

In der fünften Strophe wird dieser Aspekt jedoch umgewandelt, indem die Natur nicht mehr nur als Ort der Einsamkeit fungiert, sondern auch als Tröster in Zeiten des Leids. In der sechsten und letzten Strophe erfolgt eine Abkehr von der Natur hin zu der Gesellschaft und ihren Räumlichkeiten, in denen das lyrische Ich sich noch einsamer fühlt.

Durch diese Darstellung bietet Ada Christen eine Kritik an der Oberflächlichkeit und Gleichgültigkeit der Gesellschaft gegenüber individuellen Leid und Emotionen. Die Natur wird als empathisches und verständnisvolles Gegenüber dargestellt, das den Schmerz des lyrischen Ichs nachempfinden kann.

Die Form des Gedichts ist klassisch mit vierzeiligen Strophen und einem Kreuzreim. Der sprachliche Ausdruck ist bildreich und verwendet viele Natursymbole und direkte Anspielungen auf Naturereignisse. Bei näherer Betrachtung kann erkannt werden, dass diese intensiv mit den emotionalen Zuständen und Gefühlen des lyrischen Ichs verknüpft sind. Trotz der tristen Thematik ist die Sprache von ihrer Bildhaftigkeit und poetischen Anmut anziehend und vermittelt auch eine Art Schönheit in dem Einsamkeitserleben.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gedicht eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Einsamkeit darstellt und dabei die Natur als tröstenden und verständnisvollen Begleiter hervorhebt. Die Gesellschaft hingegen wird als Ort intensiverer Einsamkeit repräsentiert. Es reflektiert die Gedanken und Gefühle von Ada Christen und bietet tiefgründige Einsichten in ihre emotionale Welt.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Allein!“ der Autorin Ada Christen. Christen wurde im Jahr 1839 in Wien geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1870 zurück. Erschienen ist der Text in Hamburg. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her lässt sich das Gedicht der Epoche Realismus zuordnen. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 118 Worte. Ada Christen ist auch die Autorin für das Gedicht „Auf den Bergen“, „Belle Helène!“ und „Biedere Hausfrauen“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Allein!“ weitere 81 Gedichte vor.

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