Der Abenteuerer von Rainer Maria Rilke
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Wenn er unter jene, welche waren, |
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trat: der Plötzliche, der schien, |
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war ein Glanz wie von Gefahren |
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in dem ausgesparten Raum um ihn, |
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den er lächelnd überschritt, um einer |
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Herzogin den Fächer aufzuheben: |
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diesen warmen Fächer, den er eben |
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wollte fallen sehen. Und wenn keiner |
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mit ihm eintrat in die Fensternische |
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(wo die Parke gleich ins Träumerische |
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stiegen, wenn er nur nach ihnen wies), |
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ging er lässig an die Kartentische |
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und gewann. Und unterließ |
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nicht, die Blicke alle zu behalten, |
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die ihn zweifelnd oder zärtlich trafen, |
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und auch die in Spiegel fielen, galten. |
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Er beschloß, auch heute nicht zu schlafen, |
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wie die letzte lange Nacht, und bog |
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einen Blick mit seinem rücksichtslosen, |
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welcher war: als hätte er von Rosen |
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Kinder, die man irgendwo erzog. |
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II |
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In den Tagen — (nein, es waren keine), |
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da die Flut sein unterstes Verlies |
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ihm bestritt, als wär es nicht das seine, |
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und ihn, steigend, an die Steine |
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der daran gewöhnten Wölbung stieß, |
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fiel ihm plötzlich einer von den Namen |
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wieder ein, die er vor Zeiten trug. |
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Und er wußte wieder: Leben kamen, |
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wenn er lockte; wie im Flug |
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kamen sie: noch warme Leben Toter, |
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die er, ungeduldiger, bedrohter, |
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weiterlebte mitten drin; |
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oder die nicht ausgelebten Leben, |
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und er wußte sie hinaufzuheben, |
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und sie hatten wieder Sinn. |
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Oft war keine Stelle an ihm sicher, |
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und er zitterte: Ich bin — — — |
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doch im nächsten Augenblicke glich er |
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dem Geliebten einer Königin. |
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Immer wieder war ein Sein zu haben: |
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die Geschicke angefangner Knaben, |
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die, als hätte man sie nicht gewagt, |
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abgebrochen waren, abgesagt, |
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nahm er auf und riß sie in sich hin; |
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denn er mußte einmal nur die Gruft |
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solcher Aufgegebener durchschreiten, |
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und die Düfte ihrer Möglichkeiten |
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lagen wieder in der Luft. |
Details zum Gedicht „Der Abenteuerer“
Rainer Maria Rilke
10
50
283
1918
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht, um das es in dieser Abhandlung geht, trägt den Titel „Der Abenteurer“ und wurde vom berühmten Dichter Rainer Maria Rilke verfasst, der in der späten Epoche des Symbolismus und Anfang des Expressionismus tätig war. Dieses Gedicht ist eine lyrische Charakterbeschreibung eines Abenteurers und zeigt verschiedene Aspekte seiner Persönlichkeit und seines Lebens.
Auf den ersten Blick stellt das Gedicht einen charismatischen Abenteurer dar, der ständig auf der Suche nach neuen Erfahrungen, Gefahren und Konflikten ist, in die er sich ohne zu zögern stürzt. Er ist eine dynamische, und charismatische Persönlichkeit, die ständig neue Rollen annimmt und sich ihrer erneuerten Identitäten nie wirklich sicher ist, bis zu dem Moment, in dem er sich in einem schwierigen oder gefährlichen Umfeld wiederfindet.
Das lyrische Ich in diesem Gedicht scheint einen starken Hang zum Risiko und zur Unsicherheit zu haben. Es scheint Abenteuer zu lieben und buchstäblich jeden Augenblick seines Lebens auszukosten, auch wenn dadurch sein eigenes Leben oder das der anderen in Gefahr gerät. Es gibt ihm offensichtlich einen gewissen Grad an Freude oder Befriedigung, sich in schwierige Situationen zu begeben und diese dann zu meistern. Dies wird auch durch die häufige Verwendung von Begriffen wie „und gewann“, „auf und riß sie in sich hin“ und „warmen Fächer, den er eben wollte fallen sehen“ verdeutlicht, die alle auf einen Hang zur Risikofreudigkeit und Dominanz hinweisen.
Was die Form und Sprache des Gedichts betrifft, so verwendet Rilke eine freie Versform, die keine festen Reim- oder Metrumschemata hat. Die Versform wechselt ständig und die Metrik ist variabel. Dies erzeugt ein Gefühl der Unberechenbarkeit und Unvorhersehbarkeit, das den Inhalt des Gedichts treffend wiedergibt. Die Syntax ist komplex und die Sprache reich an Bildern und Metaphern. Es gibt viele sinnliche Beschreibungen, die stark auf die Fähigkeit des lyrischen Ichs hinweisen, sich voll und ganz in die jeweilige Situation zu versetzen und jeden Moment in vollen Zügen zu genießen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Der Abenteurer“ ein interessantes lyrisches Porträt eines starken, dynamischen und abenteuerlustigen Charakters ist, das sowohl durch seinen Inhalt als auch durch seine Form und Sprache besticht. Es ist ein Gedicht, das eine intensive Lebenslust und den Mut zur Improvisation und Unsicherheit feiert.
Weitere Informationen
Rainer Maria Rilke ist der Autor des Gedichtes „Der Abenteuerer“. Im Jahr 1875 wurde Rilke in Prag geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1918. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Moderne zuordnen. Der Schriftsteller Rilke ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 283 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 50 Versen mit insgesamt 10 Strophen. Die Gedichte „Absaloms Abfall“, „Adam“ und „Advent“ sind weitere Werke des Autors Rainer Maria Rilke. Zum Autor des Gedichtes „Der Abenteuerer“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 338 Gedichte vor.
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