Der Abend von Friedrich Schiller

nach einem Gemählde

Senke, strahlender Gott, die Fluren dürsten
Nach erquickendem Thau, der Mensch verschmachtet,
Matter ziehen die Rosse,
Senke den Wagen hinab.
 
Siehe, wer aus des Meers krystallner Woge
Lieblich lächelnd dir winkt! Erkennt dein Herz sie?
Rascher fliegen die Rosse,
Thetis, die göttliche, winkt.
 
Schnell vom Wagen herab in ihre Arme
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Springt der Führer, den Zaum ergreift Kupido,
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Stille halten die Rosse,
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Trinken die kühlende Flut.
 
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An dem Himmel herauf mit leisen Schritten
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Kommt die duftende Nacht; ihr folgt die süße
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Liebe. Ruhet und liebet,
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Phöbus, der liebende, ruht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Der Abend“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
88
Entstehungsjahr
1796
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Der Abend“ stammt vom deutschen Dichter Friedrich Schiller, der von 1759 bis 1805 lebte. Somit kann dieses Werk in die Epoche der Weimarer Klassik eingeordnet werden, die sich durch eine hohe Formstrenge und ein neues Menschenbild auszeichnet, in dem Vernunft und Gefühl eine wichtige Rolle spielen.

Im ersten Lesen lässt das Gedicht eine bildreich beschriebene Stimmung aufkommen, die gleichermaßen von Ruhe und der Vorfreude auf den kommenden Abend geprägt ist. Die Sprach- und Bildwahl vermittelt eine sakrale und erhabene Atmosphäre, was typisch für die Dichtung der Weimarer Klassik ist.

Inhaltlich setzt sich das Gedicht aus vier Strophen zu je vier Versen zusammen und handelt vom Ende des Tages, der der Nacht und der Liebe Platz macht. Das lyrische Ich wendet sich direkt an den Sonnengott Phoebus (auch bekannt als Apollo), welcher den Tag symbolisiert. Es bittet ihn, seinen Wagen hinabzusenken und damit den Abend einzuläuten, da die Erde und auch die Menschen nach der kühlenden Frische der Nacht dürsten. In der zweiten und dritten Strophe wird die Meeresgöttin Thetis erwartet, die wohl den Abend und die Nacht repräsentiert. Der Sonnengott springt von seinem Wagen und überlässt die Zügel dem Liebesgott Kupido. Dies könnte als Symbol für den Übergang von der Tagesarbeit zur abendlichen Freizeit, Ruhe und Liebe gesehen werden. In der letzten Strophe wird schließlich die Ankunft der Nacht und dann auch der Liebe beschrieben.

Schillers Gedicht ist in einem klassischen Strophenaufbau mit jeweils vier Versen gehalten. Dabei dominiert der aus der antiken Bildsprache entlehnte Mythos, der nicht nur eine poetisch-euphemistische Beschreibung des Tagesendes ermöglicht, sondern vor allem auch allegorisch wirkt. Das Gedicht zeichnet sich durch eine bildreiche und formvollendete Sprache aus, die gut zur erhabenen Stimmung passt.

Die einfache, aber prägnante Wortwahl sowie der Einsatz von Alliterationen und Assonanzen (zum Beispiel „Ruhet und liebet“) tragen hier zur harmonischen Klangfarbe des Gedichts bei. Schiller nutzt also nicht nur die antike Mythologie zur Darstellung des Tagesablaufs, sondern auch die Mittel der Sprache, um die Atmosphäre zu steigern und den Leser in eine Welt voller Ruhe, Liebe und Harmonie zu entführen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Der Abend“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Friedrich Schiller. 1759 wurde Schiller in Marbach am Neckar, Württemberg geboren. Im Jahr 1796 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Neustrelitz. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Schiller handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang (häufig auch Geniezeit oder Genieperiode genannt) ist eine literarische Epoche, welche zwischen 1765 und 1790 existierte und an die Empfindsamkeit anknüpfte. Später ging sie in die Klassik über. Die Epoche des Sturm und Drang war die Phase der Rebellion junger deutscher Autoren, die sich gegen die Prinzipien der Aufklärung und das gesellschaftliche System wendeten. Die Vertreter waren meistens junge Autoren, zumeist nicht älter als 30 Jahre. Um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen, wurde im Besonderen darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden und in den Gedichten einzusetzen. Die alten Werke vorheriger Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Dennoch wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Mit seinen beiden bedeutenden Vertretern Schiller und Goethe entwickelte sich der Sturm und Drang weiter und ging in die Weimarer Klassik über.

Die Epoche der Klassik beginnt nach heutiger Auffassung mit der Italienreise Goethes, die er im Jahr 1786 im Alter von 36 Jahren machte. Das Ende der Epoche wird auf 1832 datiert. In der Klassik wurde die Literatur durch Einflüsse der Französischen Revolution, die ziemlich zu Beginn der Epoche stattfand, entscheidend geprägt. In der Französischen Revolution setzten sich die Menschen dafür ein, dass für alle die gleichen Rechte gelten sollten. Literarisches Zentrum und Ausgangspunkt der Weimarer Klassik (kurz auch häufig einfach nur Klassik genannt) war Weimar. Die Klassik orientiert sich an klassischen Vorbildern aus der Antike. Sie strebt nach Harmonie ganz im Gegensatz zur Epoche der Aufklärung und des Sturm und Drangs. Ein hohes Sprachniveau ist für die Werke der Klassik kennzeichnend. Während man im Sturm und Drang die natürliche Sprache wiedergeben wollte, stößt man in der Klassik auf eine reglementierte Sprache. Die wichtigen Schriftsteller der Klassik sind Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe. Weitere Schriftsteller der Klassik sind Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Die beiden zuletzt genannten arbeiteten aber jeweils für sich. Einen produktiven Austausch im Sinne eines gemeinsamen Arbeitsverhältnisses gab es nur zwischen Goethe und Schiller.

Das Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 88 Worte. Der Dichter Friedrich Schiller ist auch der Autor für Gedichte wie „An den Frühling“, „An die Gesetzgeber“ und „An die Parzen“. Zum Autor des Gedichtes „Der Abend“ haben wir auf abi-pur.de weitere 220 Gedichte veröffentlicht.

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