Der Abend kommt gezogen von Heinrich Heine

Der Abend kommt gezogen,
Der Nebel bedeckt die See;
Geheimnißvoll rauschen die Wogen,
Da steigt es weiß in die Höh’.
 
Die Meerfrau steigt aus den Wellen,
Und setzt sich zu mir, am Strand;
Die weißen Brüste quellen
Hervor aus dem Schleiergewand.
 
Sie drückt mich und sie preßt mich
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Und thut mir fast ein Weh’;
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Du drückst ja viel zu fest mich,
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Du schöne Wasserfee!
 
13 
„Ich presse dich, in meinen Armen,
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Und drücke dich mit Gewalt;
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Ich will bei dir erwarmen,
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Der Abend ist gar zu kalt.“
 
17 
Der Mond schaut immer blasser
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Aus dämmriger Wolkenhöh’;
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Dein Auge wird trüber und nasser,
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Du schöne Wasserfee!
 
21 
„Es wird nicht trüber und nasser,
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Mein Aug’ ist naß und trüb’,
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Weil, als ich stieg aus dem Wasser,
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Ein Tropfen im Auge blieb.“
 
25 
Die Möven schrillen kläglich,
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Es grollt und brandet die See;
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Dein Herz pocht wild beweglich,
28 
Du schöne Wasserfee!
 
29 
„Mein Herz pocht wild beweglich,
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Es pocht beweglich wild;
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Weil ich dich liebe unsäglich,
32 
Du liebes Menschenbild!“
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26 KB)

Details zum Gedicht „Der Abend kommt gezogen“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
162
Entstehungsjahr
1823–1824
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht stammt von Heinrich Heine, einem deutschen Dichter der Romantik, der von 1797 bis 1856 lebte. Anhand des Verfasserdatums lässt sich das Gedicht also in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, also in die Zeit der Romantik einordnen.

In „Der Abend kommt gezogen“ schildert das lyrische Ich eine bezaubernde und geheimnisvolle Begegnung mit einer Meerjungfrau am Strand. Das Gedicht erzeugt auf den ersten Blick eine geheimnisvolle, fast magische Stimmung durch die Verwendung von Bildern wie dem hereinbrechenden Abend, dem nebligen Meer und dem rauschenden Wellengang.

Das lyrische Ich beschreibt, wie die Meerjungfrau aus den Wellen steigt und zu ihm kommt. Die Meerjungfrau scheint den Protagonisten zu umarmen und drückt ihn so fest, dass es ihm fast wehtut, sie sucht Wärme bei ihm, da der Abend kalt ist. Die Meerjungfrau und das lyrische Ich tauschen liebende Worte und Gesten aus, und die Meerjungfrau gibt zu, dass sie das lyrische Ich unsagbar liebt.

Formal besteht das Gedicht aus acht vierzeiligen Strophen. Der Inhalt und der Ton des Gedichts variieren von romantischen und liebevollen Passagen bis hin zu melancholischen und sehnsüchtigen Momenten. Heines Sprache ist dabei klar und einfach, was das Lesen und Verstehen des Gedichts erleichtert.

Es scheint, als wolle Heine auf die flüchtige und unerreichbare Natur der Liebe hinweisen, repräsentiert durch die Meerjungfrau, eine mystische und unerreichbare Gestalt. Diese Liebesgeschichte verbindet Realität und Fantasie und fängt die Emotionen des lyrischen Ichs ein, die durch die metaphorische Szenerie noch verstärkt werden.

Zusammenfassend ist „Der Abend kommt gezogen“ ein eindrucksvolles romantische Gedicht, das durch seine sinnliche und emotionale Darstellung einer übernatürlichen Begegnung die Leser fasziniert und tiefgreifende Emotionen weckt. Es thematisiert dabei die Unfähigkeit, die gewünschte Liebe vollständig zu erreichen, und die gleichzeitige Intensität und Schwierigkeit der Liebe.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Der Abend kommt gezogen“ ist Heinrich Heine. Der Autor Heinrich Heine wurde 1797 in Düsseldorf geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1824 zurück. Der Erscheinungsort ist Hamburg. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Junges Deutschland & Vormärz kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Heine ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 162 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 8 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Heinrich Heine sind „Allnächtlich im Traume seh’ ich dich“, „Almansor“ und „Als ich, auf der Reise, zufällig“. Zum Autor des Gedichtes „Der Abend kommt gezogen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 535 Gedichte veröffentlicht.

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