Der 6. November 1632 von Theodor Fontane

Schwedische Sage

Schwedische Haide, Novembertag,
Der Nebel grau am Boden lag,
Hin über das Steinfeld von Dalarn
Holpert, stolpert ein Räderkarrn.
 
Ein Räderkarrn, beladen mit Korn;
Lorns Atterdag zieht an der Deichsel vorn,
Niels Rudbeck schiebt. Sie zwingen’s nicht,
Das Gestrüpp wird dichter, Niels aber spricht:
 
„Busch-Ginster wächst hier über den Steg,
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Wir gehn in die Irr’, wir missen den Weg,
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Wir haben links und rechts vertauscht, –
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Hörst Du wie der Dal-Elf rauscht?“
 
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„„Das ist nicht der Dal-Elf, der Dal-Elf ist weit,
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Es rauscht nicht vor uns und nicht zur Seit’,
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Es lärmt in Lüften, es klingt wie Trab,
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Wie Reiter wogt es auf und ab.
 
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„„Es ist wie Schlacht, die herwärts dringt,
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Wie Kirchenlied es dazwischen klingt,
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Ich hör’ in der Rosse wieherndem Trott:
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Eine feste Burg ist unser Gott!““
 
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Und kaum gesprochen, da Lärmen und Schrein,
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In tiefen Geschwadern bricht es herein,
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Es brausen und dröhnen Luft und Erd’,
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Voraus ein Reiter auf weißem Pferd.
 
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Signale, Schüsse, Rossegestampf,
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Der Nebel wird schwarz wie Pulverdampf,
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Wie wilde Jagd so fliegt es vorbei; –
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Zitternd ducken sich die Zwei.
 
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Nun ist es vorüber … da wieder mit Macht
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Rückwärts wogt die Reiterschlacht,
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Und wieder dröhnt und donnert die Erd’
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Und wieder voraus das weiße Pferd.
 
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Wie ein Lichtstreif durch den Nebel es blitzt,
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Kein Reiter mehr im Sattel sitzt,
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Das fliehende Thier es dampft und raucht,
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Sein Weiß ist tief in Roth getaucht.
 
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Der Sattel blutig, blutig die Mähn’,
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Ganz Schweden hat das Roß gesehn; –
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Auf dem Felde von Lützen am selben Tag
40 
Gustav Adolf in seinem Blute lag.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27 KB)

Details zum Gedicht „Der 6. November 1632“

Anzahl Strophen
10
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
256
Entstehungsjahr
1847
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das vorgelegte Gedicht ist „Der 6. November 1632“ von Theodor Fontane, der von 1819 bis 1898 lebte. Es handelt sich also um eine Dichtung des Realismus im 19. Jahrhundert.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht atmosphärisch und spannungsgeladen, mit vielen Natur- und Klangbildern, die eine Szene auf einem nebligen Schlachtfeld in Schweden beschreiben.

Im Gedicht sind Lorns Atterdag und Niels Rudbeck mit einem Karren unterwegs, als sie bemerken, dass sie sich verlaufen haben. Sie hören merkwürdige Geräusche und nehmen schließlich eine bevorstehende Schlacht wahr, die bald um sie herum ausbricht. Ein wiederkehrendes Bild ist das eines weißen Pferdes, das zunächst mit einem Reiter auftaucht und schließlich blutgetränkt und ohne seinen Reiter davon galoppiert. Im letzten Vers wird offenbart, dass der gefallene Reiter der schwedische König Gustav Adolf ist, der tatsächlich am 6. November 1632 in der Schlacht von Lützen starb.

In Bezug auf die Form besteht das Gedicht aus zehn gleich gebauten Strophen zu je vier Versen. Es folgt kein konsequentes Reimschema, allerdings sind in einigen Strophen Kreuzreime (abab) oder umarmende Reime (abba) zu erkennen.

Die Sprache des Gedichts ist leicht altertümlich und erzeugt eine bestimmte Schwere und Ernsthaftigkeit. Fontane verwendet viel bildhafte Sprache, etwa in der Beschreibung der „schwedischen Heide“ und dem „Räderkarrn“, um die Atmosphäre zu verdichten und eine lebendige Vorstellung der Szenerie zu schaffen. Es gibt außerdem reichlich Onomatopoesie (Klänge, die Wörter nachahmen), um die Geräusche des Schlachtfeldes nachzubilden - wie das „Rossegestampf“, das „Lärmen“ und „Schrein“ der Schlacht. Diese akustischen Darstellungen erhöhen die lebendige und dringliche Atmosphäre des Gedichtes.

Insgesamt ist „Der 6. November 1632“ ein packendes episches Gedicht, das eine historische Schlacht eindrucksvoll schildert. Es mischt das Persönliche und das Historische, indem es eine kleine Momentaufnahme inmitten großer geschichtlicher Ereignisse bietet. Der Tod des Königs Gustav Adolf wird indirekt durch das blutgetränkte weiße Pferd dargestellt, eine mächtige Metapher, die den denkwürdigen Abschluss des Gedichts bildet.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Der 6. November 1632“ ist Theodor Fontane. Fontane wurde im Jahr 1819 in Neuruppin geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1847 zurück. In Stuttgart und Berlin ist der Text erschienen. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Realismus zu. Fontane ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 256 Wörter. Es baut sich aus 10 Strophen auf und besteht aus 40 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Theodor Fontane sind „Aber es bleibt auf dem alten Fleck“, „Afrikareisender“ und „Alles still!“. Zum Autor des Gedichtes „Der 6. November 1632“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 214 Gedichte vor.

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